Leitsatz
Die Gewinne aus Anteilen, um die der Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 9 Nr. 2a GewStG 1984 zu kürzen ist, sind nicht um Beteiligungsaufwendungen zu mindern, die mit dem Erwerb der Beteiligungen in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Abweichung von Abschn. 61 Abs. 1 Satz 12 GewStR 1998).
Normenkette
§ 9 Nr. 2a GewStG, § 3c EStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war im Streitjahr 1990 zu 56,4 % der Anteile an der B-GmbH beteiligt. Aus dieser Beteiligung, die sie fremdfinanzierte, erhielt die Klägerin in den Jahren 1989 bis 1993 Gewinnausschüttungen, für die sie bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die Kürzung gem. § 9 Nr. 2a GewStG in Anspruch nahm. Abweichend von der Klägerin minderte das FA den Kürzungsbetrag allerdings um die Zinsen, die mit dem Beteiligungserwerb in Zusammenhang standen. Er bezog sich dabei auf die sich aus Abschn. 61 Abs. 1 Satz 12 GewStR 1998 ergebende Verwaltungspraxis. Zugleich reduzierte das FA die von der Klägerin in entsprechendem Umfang gem. § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewinn zur Hälfte hinzugerechneten Dauerschuldentgelte.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2005, 59).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Er verwies darauf, dass der Regelungswortlaut vielleicht zu kurz greife, sich ihm indes nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lasse, die Kürzung um die Anteile am Gewinn gem. § 9 Nr. 2a GewStG müsse um damit in Zusammenhang stehenden Beteiligungsaufwand reduziert werden. Folglich gelange man zu einer Vollkürzung, obschon der Aufwand sich bereits Gewinn schmälernd ausgewirkt habe.
Hinweis
Mit dem – wichtigen – Urteil verwirft der BFH die entgegenstehende Verwaltungspraxis zum Kürzungsumfang bei Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 9 Nr. 2a GewStG:
1. Nach § 7 GewStG ist Gewerbeertrag bekanntlich der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.
Durch die Vorschrift soll eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne zum Einen beim Anteilseigner, zum Anderen bei der Kapitalgesellschaft vermieden werden.
2. Zu den Gewinnen aus Anteilen i.S.v. § 9 Nr. 2a GewStG rechnen alle wirtschaftlichen Vorteile, die aus dem Besitz der Anteile gezogen werden. Dies korrespondiert mit den "Gewinnanteilen", die – neben anderen "Bezügen" – beim Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen (§ 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG) führen. Die so verstandenen Gewinne mindern den Gewerbeertrag der Obergesellschaft in voller Höhe. Sie sind – und darin steckt die neue Erkenntnis und Kernaussage des Urteils – nicht ihrerseits um Beteiligungsaufwand, vor allem also Refinanzierungszinsen, zu kürzen.
Der BFH konzediert, dass das möglicherweise mit der Gesetzesintention kollidiert, Doppelbelastungen durch ESt/KSt einerseits und GewSt andererseits zu vermeiden. Die betreffenden Abzugspositionen wirken sich vielmehr (weiterhin) Gewinn schmälernd aus und werden im Ergebnis keiner gewerbesteuerlichen Belastung unterworfen, ebenso wie die damit in Zusammenhang stehenden "finanzierten" Gewinnanteile.
Der BFH sieht angesichts der gesetzlichen Regelungslage jedoch keine Handhabe, ein Abzugsverbot – ähnlich § 3c EStG – in die Kürzungsvorschrift "hineinzukomplementieren". Sei solches vom Gesetzgeber beabsichtigt, dann müsse er das Gesetz ändern. Ansonsten würden die Gewinne schlicht um die "Gewinne aus Anteilen" an der Beteiligungsgesellschaft gekürzt, was wiederum mit den Gewinnanteilen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG übereinstimme. Das Abzugsverbot, das sich in § 3c (Abs. 1) EStG für Ausgaben in Zusammenhang mit steuerbefreiten Einnahmen niederschlage, sei nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern (nur) Ausfluss einer positiv-rechtlichen Regelung (s. dazu bereits erst kürzlich das BFH-Urteil vom 7.9.2005, I R 118/04, BFH-PR 2006, 83).
3. Daraus folgt:
- Die Beteiligungsaufwendungen schmälern den Kürzungsumfang nicht, was sich nach früherer Rechtslage des KSt-Vollanrechnungsverfahrens vollen Umfangs und unter der Ägide des nunmehrigen Halbeinkünfteverfahrens (nur) in jener hälftigen Höhe des § 3c Abs. 2 EStG auswirkt, in der die Gewinnanteile gem. § 3 Nr. 40 EStG steuerpflichtig und die Beteiligungsaufwendungen gem. § 3c Abs. 2 EStG abzugsfähig sind. Die andere Hälfte bleibt indes von vornherein bereits bei der Gewinnermittlung ausgespart und ist deswegen im Gewinn nicht enthalten, was vice versa keinen Kürzungszwang auslöst.
- Im Schrifttum verlautbarten Mutmaßungen (Behrens, BB 2006, 813), die Kürzung erstrecke sich auch auf die (vom VZ 2004 an auf aus- wie inländische Beteiligunge...