Leitsatz
Eine Änderung einer bestandskräftigen Entscheidung über die Ablehnung von Kindergeld ist nach § 70 Abs. 4 EStG nicht möglich, wenn diese Entscheidung der Familienkasse keine Prognoseent- scheidung war.
Sachverhalt
Der Sohn des Klägers begann am 1. 9. 2000 eine Ausbildung zum Informationselektroniker. Der am 18. 7. 2003 gestellte Antrag auf Gewährung von Kindergeld für das Jahr 2002 wurde mit Be- scheid der Familienkasse vom 5. 8. 2003 bestandskräftig abgelehnt, da die Einkünfte und Bezüge des Sohnes im Jahr 2002 mehr als 7.188 EUR betrugen. Am 29. 7. 2005 beantragte der Kläger unter Hinweis auf den Beschluss des BVerfG vom 11. 1. 2005 (BVerfG, Beschluss v. 11.1.2005, 2 BvR 167/02, BFH/NV Beilage 2005 S. 260) erneut die Gewährung von Kindergeld für das Jahr 2002, da nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 EStG nicht überschritten werde. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass aufgrund der eingetretenen Bestandskraft des Bescheids vom 5. 8. 2003 aus verfahrensrechtlichen Gründen eine Änderung nicht mehr möglich sei.
Entscheidung
Obwohl materiell-rechtlich die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld für das Jahr 2002 vorliegen, steht nach Auffassung des FG einer Änderung der bestandskräftigen Kindergeld- festsetzung die Bindungswirkung des Bescheids vom 5. 3. 2003 entgegen. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist nicht möglich, da die Tatsache, dass der Sohn des Klägers im Jahr 2002 Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat, der Familienkasse vor Erlass des Bescheids vom 5. 8. 2003 aufgrund der der Familienkasse vorgelegten Lohnbescheinigung des Sohnes für das Jahr 2002 bekannt war. Eine Änderung nach § 70 Abs. 2 EStG ist ebenfalls nicht möglich, da sich die Einkünfte des Sohnes gegenüber den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung der Familienkasse nicht geändert haben, sondern die Familienkasse lediglich zu Unrecht davon aus- gegangen ist, dass die Sozialversicherungsbeiträge bei der Grenzbetragsberechnung nicht zum Ansatz kommen. Der angefochtene Bescheid kann auch nicht nach § 70 Abs. 4 EStG geändert werden, da die Entscheidung der Familienkasse keine Prognoseentscheidung war. Die Familienkasse hat aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen die Einkommensverhältnisse des Sohnes für das Jahr 2002 abschließend geprüft und festgestellt.
Hinweis
Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene Revision ist inzwischen unter dem Az. III R 13/06 beim BFH anhängig. Betroffene Eltern sollten in vergleichbaren Fällen gegen die Ablehnung des Antrages auf nachträgliche Gewährung des Kindergeldes Einspruch einlegen und darauf verweisen, dass das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs 2 AO bis zur Entscheidung durch den BFH kraft Gesetzes ruht.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2006, 14 K 4503/05 Kg