Leitsatz

Die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (hier: Bereitstellung von Krankenhäusern) erfolgende unentgeltliche Grundstücksübertragung durch einen Träger öffentlicher Verwaltung (hier: Landkreis) auf eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er ist, ist keine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und deshalb auch nicht nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 2 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 1 Abs. 2 Krankenhausgesetz des Landes Brandenburg

 

Sachverhalt

Ein Landkreis in Brandenburg übertrug mit notariell beurkundetem "Schenkungsvertrag" ein mit einem Krankenhaus bebautes Grundstück unentgeltlich auf eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er war. Die GmbH verpflichtete sich zur Rückübertragung, falls das Grundstück nicht mehr für Krankenhauszwecke genutzt werde. Während die GmbH meinte, der Erwerb sei im Weg freigebiger Zuwendung erfolgt und daher grunderwerbsteuerfrei, zog das FA sie mit dem Grundstückswert zur GrESt heran.

 

Entscheidung

Der BFH teilte die Ansicht des FA. Er knüpfte dabei an sein Urteil vom 1.12.2004, II R 46/02 (BFH-PR 2004, 266) an, das eine unentgeltliche Grundstücksübertragung von einem Träger öffentlicher Verwaltung auf einen anderen derartigen Träger betraf.

Dazu führte er aus, die in jenem Urteil entwickelten Grundsätze gelten auch, wenn es sich bei dem Erwerber um eine GmbH handelt, deren Alleingesellschafter der übertragende Träger öffentlicher Verwaltung sei, und wenn dieser Träger dabei in Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben gehandelt habe. Letztere Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Nach § 1 Abs. 2 des Krankenhausgesetzes des Landes Brandenburg vom 11.5.1994 (GVBl I, S. 106) sei nämlich die Sicherstellung der Krankenversorgung eine öffentliche Aufgabe u.a. der Landkreise.

 

Hinweis

Da das ErbStG umfangreiche Befreiungsvorschriften für freigebige Zuwendungen, die öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecken dienen, enthält und vergleichbare Befreiungsregelungen im GrEStG fehlen, möchten seit geraumer Zeit vermehrt Träger öffentlicher Verwaltung gegen ihre Natur als Schenker behandelt werden. Sie übertragen erhebliches Grundvermögen unentgeltlich auf Erwerber, die sich verpflichten oder von denen sie erwarten, dass sie es für einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck (weiter) nutzen, und verpflichten die Erwerber zur Rückübertragung, falls die Grundstücke nicht mehr zu diesem Zweck genutzt werden.

Mit Urteil vom 1.12.2004, II R 46/02 (BFH-PR 2005, 266) hatte der BFH den Grundsatz entwickelt, unentgeltliche Vermögensübertragungen zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung erfolgen regelmäßig in Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben und somit nicht freigebig. Ein Anspruch des übernehmenden Verwaltungsträgers auf die Vermögensübertragung sei nicht erforderlich, um die Freigebigkeit der Zuwendung auszuschließen. Offen bleiben konnte damals, ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn der Erwerber seinerseits kein Träger öffentlicher Verwaltung ist.

Dem jetzigen Urteil liegt ein Sachverhalt zugrunde, bei dem dem Erwerber diese Eigenschaft fehlt, der aber immerhin gesellschaftsrechtlich noch mit dem übertragenden Träger öffentlicher Verwaltung verbunden ist. Bei dieser Fallgestaltung hat sich der BFH an der Eigenschaft des Erwerbers, eine juristische Person des Privatrechts zu sein, nicht gestört, sondern es als entscheidend angesehen, dass die Zuwendung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben diente.

Wie der BFH entscheiden wird, wenn der Erwerber weder ein Träger öffentlicher Verwaltung noch mit dem Übertragenden gesellschaftsrechtlich verbunden ist, bleibt abzuwarten. In der Tendenz der beiden bisherigen Urteile läge es, wenn auch in derartigen Fällen darauf abgestellt werden würde, ob die unentgeltliche Übertragung in Erfüllung öffentlicher Aufgaben erfolgt ist. Denn an der Bindung des die Zuwendung tätigenden Trägers öffentlicher Verwaltung an die maßgeblichen haushaltsrechtlichen Vorschriften, welche freigebige Zuwendungen ausschließen, ändert sich auch in derartigen Fällen nichts.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.3.2006, II R 15/04

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