Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Die § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zugrunde liegende typisierende Annahme, dass bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, gilt nicht für die dauerhafte Verpachtung unbebauten Grundbesitzes (Bestätigung von BFH, Urteil vom 25.03.2003, IX B 2/03, BStBl II 2003, 479).
2. Der Prognosezeitraum beträgt auch bei einer Verpachtung unbebauten Grundbesitzes 30 Jahre.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Eine Grundstücksgemeinschaft erwarb (fremd finanziert) 1993 mehrere Grundstücke in Vorpommern, die überwiegend weder Bau- noch Bauerwartungsland waren und die größtenteils gegen geringes Entgelt an eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft verpachtet waren. Die Bindungsfrist für die landwirtschaftliche Verpachtung betrug nach dem Einigungsvertrag 12 Jahre. Danach wollte die Grundstücksgemeinschaft die Grundstücke rentierlicher verpachten oder aber Teile davon wegen der in der Nähe geplanten Ostseeautobahn zu bebauen und gewerblich nutzen.
FA und FG (EFG 2006, 1161) erkannten die hohen Werbungskostenüberschüsse nicht an.
Entscheidung
Der BFH bestätigte diese Entscheidung und wies die Revision der Grundstücksgemeinschaft zurück. Da weder eine Erhöhung der Pacht absehbar war noch eine rentierlichere Nutzung der Grundstücke nach ihrer Bebauung, fiel die Prognose negativ aus.
Hinweis
Der BFH musste sich mit der Einkünfteerzielungsabsicht bei der Verpachtung unbebauten Grundbesitzes beschäftigen, dessen Anschaffung in hohem Maß fremdfinanziert ist. Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt: Darf die Einkünfteerzielungsabsicht überhaupt geprüft werden und -- wenn ja -- wie lang ist der Prognosezeitraum? Der BFH bejaht die erste Frage. Nur bei der auf Dauer ausgerichteten Vermietung bebauten Grundbesitzes geht das Gesetz in typisierender Weise von der Einkünfteerzielungsabsicht aus. Denn nur hier ist die Vermietung strukturell defizitär, weil es zu einer nicht kompensierbaren Inanspruchnahme von AfA kommt. So verhält es sich bei unbebautem Grundbesitz nicht, weil der Grund und Boden nicht abgeschrieben werden darf.
Greift aber die Typisierung nicht ein, muss die Einkünfteerzielungsabsicht geprüft werden. Als Prognosezeitraum gelten auch hier 30 Jahre. Denn wie bei der Vermietung bebauten Grundbesitzes ist auch bei der Verpachtung unbebauten Grundbesitzes die Vermietertätigkeit entscheidend. Anders als z.B. bei der Land- und Forstwirtschaft erzielt der Verpächter seine Einnahmen unabhängig von der Art der Bodenbewirtschaftung als Gegenleistung dafür, dass er sein Grundstück dem Pächter zur Nutzung überlässt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.11.2007, IX R 9/06