Leitsatz
Ansparrücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG können bei Gewinnermittlung durch Überschussrechnung ebenso wie bei Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nur zum Ende, nicht aber während eines Wirtschaftsjahrs aufgelöst werden (Anschluss an BFH, Urteil vom 06.03.2003, IV R 23/01, BStBl II 2004, 187, BFH/PR 2003, 401).
Normenkette
§ 7g EStG
Sachverhalt
Der Kläger und Revisionskläger ist Arzt und ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. In seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr 2002 berücksichtigte er die Auflösung einer im Jahr 2000 gebildeten Ansparrücklage, die er in der laufenden Buchführung bereits zum 31.10.2002 auswies. Im Hinblick auf die vorzeitige Auflösung erklärte er einen Gewinnzuschlag gem. § 7g Abs. 5 EStG nur i.H.v. 6 % des aufgelösten Betrags, setzte also keinen Gewinnzuschlag für das Jahr der Auflösung an. Insoweit habe die Rücklage nicht ein volles Wirtschaftsjahr bestanden.
In dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns aus selbstständiger Arbeit für 2002 erhöhte das beklagte FA den erklärten Gewinn um den Gewinnzuschlag für ein weiteres Jahr mit der Begründung, die Ansparrücklage habe für zwei volle Wirtschaftsjahre bestanden.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das die Klage abweisende Urteil des FG. Zu Recht habe das FG den Gewinnzuschlag für die im Jahr 2000 gebildete und buchungstechnisch am 31.10.2002 aufgelöste Rücklage nach § 7g EStG auch mit 6 % des Rücklagenbetrags für das Streitjahr 2002 und da mit insgesamt für beide Jahre, in denen die Rücklage bestanden hat, mit 12 % dieses Betrags bemessen.
Hinweis
1. Gem. § 7g Abs. 3 EStG i.d.F. des Streitjahrs 2002 können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Nach Maßgabe des § 7g Abs. 4 S. 2 EStG muss sie Gewinn erhöhend aufgelöst werden, wenn sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden ist. Dabei ist der Gewinn im Wirtschaftsjahr der Auflösung um 6 % des aufgelösten Rücklagebetrags für jedes volle Wirtschaftsjahr zu erhöhen, indem die Rücklage bestanden hat.
2. Diese Regelungen gelten für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, mit der Maßgabe entsprechend, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist. Der Zeitraum zwischen Abzug und Zuschlag gilt als Zeitraum, in dem die Rücklage bestanden hat (§ 7g Abs. 6 EStG).
3. Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht zur Bildung einer Ansparrücklage. Bei Aufgabe der begünstigten und nicht realisierten Investitionsplanung kann er die Ansparrücklage auch vorzeitig, d.h. bei Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich bereits zum Ende des ersten Wirtschaftsjahrs nach ihrer Bildung, auflösen (BFH, Urteil vom 21.09.2005, X R 32/03, BFH/PR 2006, 57).
4. Der in diesem Fall nach § 7g Abs. 5 EStG anzusetzende Gewinnzuschlag"für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat", betrifft auch Wirtschaftsjahre, in denen es unterjährig zu einer Betriebsaufgabe oder -veräußerung kommt. Solche (Rumpf-)Wirtschaftsjahre gelten als vollgültiges Wirtschaftsjahr.
5. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im nachgewiesenen Schrifttum wird allerdings die im Streitfall zu entscheidende Rechtsfrage kontrovers erörtert, ob der Gewinnzuschlag dadurch vermieden werden kann, dass die Rücklage unterjährig aufgelöst wird.
6. Der VIII. Senat des BFH hat sich der Auffassung angeschlossen, wonach der Zuschlag aufgrund einer unterjährigen Auflösung der Rücklage nicht vermieden werden kann. Der IV. Senat des BFH hatte bereits in seinem im Leitsatz zitierten Urteil im Zusammenhang mit der dort zu entscheidenden Frage, ob ein Überschussrechner eine Ansparrücklage wirksam gebildet hatte, darauf hingewiesen, dass eine solche Rücklage nicht während eines Wirtschaftsjahrs aufgelöst werden könne.
7. Der IV. Senat des BFH hatte sich insoweit auf die von ihm entwickelten Grundsätze der als vergleichbar beurteilten Regelung in § 6b Abs. 6 EStG in seinem Urteil vom 26.10.1989, IV R 83/88 (BStBl II 1990, 290) bezogen.
8. Der VIII. Senat des BFH schließt sich dieser Rechtsprechung mit einer ausführlichen Begründung an. Der mit der Ansparrücklage verfolgte Steuerstundungszweck komme bei einem Überschussrechner auch noch für das volle Wirtschaftsjahr der Rücklagenauflösung zum Tragen; denn dieser Effekt ende erst mit der Gewinnermittlung im Rahmen der Ende des Wirtschaftsjahrs zu erstellenden Überschussrechnung.
9. Die auf einem Ansatzwahlrecht beruhende Ansparrücklage kann erst zum Schluss des Wirtschaftsjahrs bei der Aufstellung der Bilanz oder bei der Erstellung der Einnahmen-Überschuss-Rechnung als Betriebsausgabe abgezogen werden. Deshalb ist es folgerichtig, ihre Auflösung bei Aufstellung der Bilanz des ersten oder zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaft...