Leitsatz
Unterliegen mehrere Grundstücke der Zwangsverwaltung, sind die Nutzungen des Grundstücks und die Ausgaben der Verwaltung gem. § 155 ZVG grundsätzlich für jedes Grundstück gesondert zu ermitteln. Die Umsatzsteuer ist deshalb ebenfalls für jedes Grundstück gesondert zu ermitteln und anzumelden.
Normenkette
§ 2 UStG , § 16 UStG , 18 UStG , § 33 AO , § 34 AO , § 18 ZVG , § 155 ZVG
Sachverhalt
Der Kläger wurde zum Zwangsverwalter für mehrere Wohnungen und einer gewerblich genutzten Einheit (Wohnungen Nr. 2, 3, 6, 10, 11 und Teileigentum 13) sowie einer weiteren Wohnung (Nr. A 10) eines Vollstreckungsschuldners bestellt. Der Kläger gab gesonderte "Umsatzsteuer-Voranmeldungen" für die Wohnungen Nr. 2, 3, 6, 10 und 11 sowie Teileigentum Nr. 13 ab, wobei sich eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung für die Wohnung Nr. 10 in Höhe von 4,85 DM ergab; die restlichen "Voranmeldungen" enthielten keine Zahleneinträge.
Nachdem die Finanzbehörde für sämtliche Einheiten (u.a. auch Nr. A 10) die Umsatzsteuer-Vorauszahlung auf 4 DM festgesetzt hatte, gab der Kläger für die Wohnung Nr. A 10 eine Voranmeldung ab, in der er steuerfreie Umsätze erklärte. Die Finanzbehörde ließ diese Voranmeldung unberücksichtigt.
Entscheidung
Der BFH stellt fest, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das Finanzamt für sämtliche Einheiten gegen die Vorschriften der §§ 33, 34 AO sowie § 155 ZVG verstoßen habe. Unzutreffend seien alle der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücke eines Unternehmens, die von einem Zwangsverwalter verwaltet würden, umsatzsteuerlich zusammengefasst worden. Der ansonsten in der Umsatzsteuer geltende Grundsatz der Unternehmenseinheit werde durch die Spezialvorschrift des § 155 ZVG verdrängt. Daraus folge, dass für jedes einzelne Grundstück, für das die Zwangsverwaltung angeordnet worden sei, eine gesonderte Umsatzsteuerveranlagung durchzuführen sei.
Hinweis
Die Umsatzsteuer ist grundsätzlich geprägt durch den Grundsatz der Unternehmenseinheit, § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG. Danach hat ein Unternehmer für seine gesamte Unternehmenseinheit nur eine Voranmeldung bzw. Umsatzsteuererklärung abzugeben.
Der BFH hatte die Frage zu klären, ob dieser Grundsatz der Unternehmenseinheit auch im Fall der Zwangsverwaltung Anwendung finden könne, falls die Zwangsverwaltung mehrere Grundstücke bzw. Grundstücksteile umfasst.
Zwar ist der Zwangsverwalter (neben dem Vollstreckungsschuldner) gem. § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO Steuerpflichtiger, soweit seine Verwaltung reicht. Er ist insoweit mit eigenen Pflichten ausgestattet und hat deswegen die durch seine Verwaltungstätigkeit begründete Umsatzsteuer zu entrichten. Wegen der besonderen Zweckrichtung des § 155 ZVG ist jedoch auch die Umsatzsteuer als Ausgaben der Zwangsverwaltung aus Gläubigerschutzgesichtspunkten für jedes einzelne Grundstück gesondert zu ermitteln und anzumelden. Nur so kann vermieden werden, dass die Umsatzsteuer aus der Verwaltung des einen Grundstücks die Befriedigung der Ansprüche aus einem anderen Grundstück mindert. Der BFH hat damit § 155 ZVG als lex specialis zu den §§ 2, 16, 18 UStG angesehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.10.2001, V R 44/00