Leitsatz
§ 17 Abs. 2 RennwLottG verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht.
Normenkette
§ 17 Abs. 2, § 19, § 20 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1, 5, 6 und 7, § 27 RennwLottG, Art. 72 Abs. 2, Art. 105 Abs. 2, Art. 123, Art. 125, Art. 125a GG, Art. 8 Abs. 1, Art. 9, Art. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 11 EGRL 98/34, Art. 135 Abs. 1 Buchst. i, Art. 401 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 31a, § 34, § 47 RennwLottGABest
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts mit Sitz in der EU, bot im Juli 2012 Sportwetten u.a. in Deutschland an. Gegen die Anmeldung der Sportwettensteuer wehrte sie sich erfolglos mit dem Einspruch und der Klage (Hessisches FG, Urteil vom 18.4.2018, 5 K 1108/15, Haufe-Index 12024629).
Entscheidung
Der BFH hat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Hinweis
Das RennwLottG von 1922 ist im Jahr 2012 ergänzt worden um die Besteuerung von Sportwetten. Vorher waren nur Lotterien, Ausspielungen und Oddset-Wetten steuerbar. Die Neuregelung zielt auf das inländische Angebot ausländischer Wettanbieter (Internet-Wetten). Dazu sind Ausführungsbestimmungen (RennwLottGABest) ergangen. Gegen die Besteuerung wehrten sich einige große Anbieter. Der BFH hat nun eine Reihe von grundlegenden Entscheidungen erlassen, in denen er die neu eingeführten Regelungen vollumfänglich bestätigt hat.
Im Streitfall hatte die Klägerin fünf Einwände erhoben:
1. Bestritten war die Regelungskompetenz des Bundes. Da das Aufkommen aus der Besteuerung von Sportwetten den Ländern zusteht, hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz für Sportwetten nach Art. 72 Abs. 2 GG nur, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Diese Voraussetzungen bejaht der BFH, weil ansonsten eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen drohen würde.
2. Die Klägerin beklagte außerdem ein strukturelles Vollzugsdefizit, das zur Unwirksamkeit der materiellen Steuernorm führe. Es bestehe aktuell für ausländische Anbieter kein relevantes Entdeckungsrisiko. Wer die Sportwettensteuer zahle, tue dies freiwillig. Demgegenüber erkennt der BFH keine Anhaltspunkte für ein strukturelles Vollzugsdefizit. Der Gesetzgeber habe sowohl für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen als auch für die Durchsetzung des Steueranspruchs umfangreiche ineinandergreifende Maßnahmen vorgesehen, die geeignet erschienen, um die tatsächliche Belastungsgleichheit zu gewährleisten. Das gelte auch für Anbieter im Ausland. Insofern verweist der Senat vor allem auf die EU-Amtshilfe-Regeln und die Möglichkeit von Sammelauskunftsverlangen.
3. Es liege auch keine EU-rechtswidrige Doppelbesteuerung vor. Zwar entrichte die Klägerin im Ansässigkeitsstaat eine Abgabe. Ein generelles Verbot der Doppelbesteuerung bestehe jedoch nicht. Auch enthalte das DBA des betreffenden Mitgliedsstaats keine Regelung zur Sportwettenbesteuerung. Zwar seien Wettumsätze aufgrund der MwStSystRL von der USt ausgenommen. Dies schließe jedoch ihre Besteuerung nicht generell aus.
4. Die Dienstleistungsfreiheit sei schon nicht berührt, denn die Besteuerung führe zur Verteuerung des Angebots und betreffe ausländische wie inländische Anbieter gleichermaßen. Selbst wenn aber eine mittelbare Diskriminierung anzunehmen sei, wäre sie durch die gemeinwohlorientierten Zwecke der Besteuerung (Verbraucherschutz, Betrugsvermeidung, Eindämmung der Spielsucht) gerechtfertigt.
5. Schließlich liege ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht schon deshalb nicht vor, weil § 17 Abs. 2 RennwLottG nicht notifizierungspflichtig sei.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.5.2021 – IX R 20/18