Leitsatz
Wird die Frist für die Antragsveranlagung wegen eines - möglicherweise entschuldbaren - Anwendungsfehlers bei der elektronischen Übermittlung der Steuererklärung mittels ELSTER-Verfahrens versäumt, ist Wiedereinsetzung jedenfalls dann nicht zu gewähren, wenn der Mantelbogen - schuldhaft - erst nach Fristablauf dem Finanzamt eingereicht wird.
Sachverhalt
Die Kläger waren im Streitjahr 2001 verheiratet und bezogen jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Voraussetzungen für eine Amtsveranlagung waren für das Streitjahr nicht erfüllt. Die ESt-Erklärung für das Streitjahr ging am 26.2.2004 beim Beklagten ein. Sie war ausgefertigt auf ELSTER Formular 2001 und gedruckt mit ELSTER: 2003.4.1. Ausweislich des Ausdrucks war bereits eine Datenübermittlung am 5.2.2004 erfolgt. Der Beklagte lehnte die Durchführung einer Antragsveranlagung für das Streitjahr mit dem Hinweis ab, dass der Antrag auf Durchführung einer Veranlagung mit Ablauf des 31.12.2003 verspätet sei. Der nachfolgende Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wurde abgelehnt und der Einspruch gegen diesen Ablehnungsbescheid zurückgewiesen. Die Kläger, die seit Oktober 2001 getrennt leben, waren Weihnachten 2003 zusammengetroffen, um eine gemeinsame ESt-Erklärung für das Streitjahr mittels des ELSTER-Verfahrens zu erstellen. Aufgrund eines Anwendungsfehlers sei die Datei nicht online an das Finanzamt übermittelt, sondern lediglich abgespeichert worden. Dies sei erst nach Ablauf des Jahres 2003 aufgefallen. Die Übermittlung an das Finanzamt sei dann bei einem erneuten Zusammentreffen der Eheleute nachgeholt worden. Die beim ELSTER-Verfahren notwendige Einreichung des Mantelbogens auf dem Postwege sei bis dahin unterblieben, weil beide Ehegatten aufgrund eines Missverständnisses davon ausgegangen seien, dass jeweils der andere Ehepartner die Versendung an das Finanzamt bewirken würde.
Entscheidung
Die zulässige Klage hatte in der Sache keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG Hamburg besteht ein Anspruch der Kläger auf Erlass des begehrten ESt-Bescheides 2001 nicht. Die Frist für die allein in Betracht kommende Antragsveranlagung sei abgelaufen gewesen und die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Antragsfrist seien nicht erfüllt. Es könne dahinstehen, ob die versäumte Handlung, die Abgabe der ESt-Erklärung für 2001, innerhalb der einmonatigen Frist des § 110 Abs. 2 AO nachgeholt worden sei. Es bestehe jedenfalls ein - die Wiedereinsetzung ausschließendes - Verschulden der Kläger an der Versäumung der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG. Die Kläger hätten es vor allem schuldhaft unterlassen, die notwendig in Papierform einzureichenden Unterlagen innerhalb der Antragsfrist an das Finanzamt zu übersenden. Entweder liege ein Verschulden des Klägers oder der Klägerin vor, das sie sich jeweils gegenseitig zurechnen lassen müssten, wenn die für das Finanzamt bestimmten Unterlagen vom Kläger zwar mitgenommen, jedoch nicht abgesandt oder bei der Klägerin blieben und von ihr nicht abgesandt worden seien. Nach Ansicht des FG Hamburg hätte es angesichts des drohenden Fristablaufs und der persönlichen Lebensumstände der Kläger zum Jahresende 2003 jedenfalls einer Kontrollfrage bedurft, ob der jeweils andere Partner die Unterlagen tatsächlich abgeschickt habe.
Hinweis
Innerhalb der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist die ESt-Erklärung entweder nach amtlich vorgeschriebenen, eigenhändig unterschriebenen Vordruck abzugeben (§ 150 Abs. 1 AO) oder im automatisierten Besteuerungsverfahren im Wege eines zugelassenen Datenübertragungsverfahrens - wie dem ELSTER-Verfahren - zu übermitteln (§ 150 Abs. 6 AO). Bei der elektronischen Übermittlung der ESt-Erklärungsdaten im ELSTER-Verfahren wird ohne elektronische Signatur die gesetzlich angeordnete Schriftform nicht durch die elektronische Form ersetzt. Das bloße Bereitstellen der Erklärungsdaten wahrt daher nicht die Fristen zur Abgabe einer Steuererklärung. Die Antragsfrist ist erst dann gewahrt, wenn der komprimierte Vordruck innerhalb der Antragsfrist beim FA eingeht. Im Besprechungsfall war die Wiedereinsetzung letztlich wegen einem Verschulden der Kläger bei der Einreichung dieser Unterlagen in Papierform ausgeschlossen (OFD Magdeburg, Verfügung v. 2.2.2005, S 0321 - 16 St 251).
Inzwischen hat der BFH entschieden, dass die Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG auch dann erfolgen kann, wenn die Frist aufgrund eines unverschuldeten Rechtsirrtums versäumt wurde (BFH Urteil v. 22.5.2006, VI R 51/04, BFH/NV 2006, 1982). Der sechste Senat des BFH hat mit Entscheidung ebenfalls vom 22.5.2006 dem BVerfG im Wege der konkreten Normenkontrolle die Frage vorgelegt, ob § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (1996) mit dem GG insoweit unvereinbar ist, als der Antrag auf Veranlagung bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden zweiten Kalenderjahrs zu stellen ist (BFH Beschluss vom 22.5.2006, VI R 46/05, BFH/NV 2006, 1946; Az...