Leitsatz
Der Abzugsbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG mindert sich nur dann um Ausbildungshilfen, die das Kind anlässlich einer Ausbildungs- oder Weiterbildungsmaßnahme des Arbeitsamts bezogen hat, wenn die Ausbildungshilfe Leistungen abdeckt, zu denen die Eltern gesetzlich verpflichtet sind.
Normenkette
§ 33a Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger, zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, machten im Streitjahr 1997 für ihren am 18.9.1968 geborenen Sohn M Unterhaltsaufwendungen gem. § 33a Abs. 1 EStG mit dem Höchstbetrag von 12 000 DM geltend. M hatte im Streitjahr an einer beruflichen Bildungsmaßnahme teilgenommen, für die er Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bezog.
Nach dem Bewilligungsbescheid vom 8.6.1995 waren ihm vom Arbeitsamt nach § 45 AFG (§ 81 SGB III) in der Zeit vom 3.4.1995 bis 31.3.1998 insgesamt 26 477 DM bewilligt worden. Hiervon entfielen 18 909 DM auf Lehrgangsgebühren, 7 328 DM auf Fahrtkosten und 240 DM auf Arbeitskleidung. Die Lehrgangsgebühren wurden vom Arbeitsamt übernommen und mit dem Maßnahmeträger unmittelbar abgerechnet.
Das FA kürzte im Einkommensteuerbescheid 1997 den Höchstbetrag um die auf das Streitjahr entfallenden Leistungen nach dem AFG in Höhe von 8 825 DM.
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das FG war der Auffassung, § 33a Abs. 1 EStG sei verfassungskonform in der Weise auszulegen, dass auch Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln nur anzurechnen seien, soweit sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt werden könnten und deshalb die – typisierten – Unterhaltsansprüche gegenüber den Verpflichteten minderten. Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Entscheidung
Die Hilfen des Arbeitsamts seien im Streitfall nur dann im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG anrechenbar, wenn sie für Maßnahmen gewährt würden, zu denen Eltern gesetzlich verpflichtet seien. Die Hilfen entfielen überwiegend auf Lehrgangsgebühren. Es sei zu beachten, dass die Ausbildung in Deutschland meist kostenfrei sei und Eltern daher nur in Ausnahmefällen verpflichtet seien, etwa Kosten für private Universitäten zu tragen. Die Feststellungen des FG reichten aber für eine abschließende Beurteilung nicht aus.
Hinweis
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 17.10.2001, III R 3/01 (BFH-PR 2002, 54) zum Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG) entschieden, dass Ausbildungshilfen nur dann auf den Freibetrag anzurechnen sind, wenn diese Leistungen abdecken, zu denen Eltern ihren Kindern gegenüber gesetzlich verpflichtet sind. Er hat nun die entsprechenden Grundsätze auf § 33a Abs. 1 EStG angewandt, der dann zur Anwendung kommt, wenn das Kind das 27. Lebensjahr überschritten hat und die Eltern daher keinen Anspruch mehr auf Kindergeld oder Kinder- und Ausbildungsfreibetrag haben.
Sowohl der Ausbildungsfreibetrag als auch der Abzugsbetrag nach § 33a Abs. 1 wollen der Minderung der Leistungsfähigkeit durch Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern Rechnung tragen. Zum Unterhalt gehören auch Aufwendungen für eine Berufsausbildung. Grundsätzlich sind aber Eltern – von im Einzelfall komplizierten Ausnahmen abgesehen – nur verpflichtet, ihren Kindern eine ihrer Begabung gerecht werdende Ausbildung zukommen zu lassen.
Man wird grundsätzlich davon ausgehen können, dass Hilfen des Arbeitsamts für Weiterbildungsmaßnahmen erwachsener Kinder mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung, sofern sie nicht Aufwendungen für den allgemeinen Lebensunterhalt umfassen, keine Leistungen abdecken, zu denen Eltern zivilrechtlich ihren volljährigen Kindern gegenüber verpflichtet sind. Sie mindern daher den Abzugsbetrag des § 33a Abs. 1 EStG nicht.
Zwar müssen Eltern ihre unverschuldet arbeitslosen Kinder unterhalten, sofern diese nicht über ausreichende eigene Einnahmen verfügen, diese Unterhaltsleistungen umfassen aber keine Kosten für eine Zweitausbildung oder Fortbildung. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Eltern ihren Kindern bislang noch keine Ausbildung haben zukommen lassen.
Die Grundsätze dieses Urteils gelten nur für Ausbildungshilfen, die ausbildungsspezifische Aufwendungen abdecken. Umfassen die Leistungen auch Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung, mindern sie den Abzugsbetrag nach § 33a EStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 04.12.2001, III R 47/00