Zahlen sind noch keine Kennzahlen

Kommen wir schließlich auf den Prozess der gemeinsamen Willensbildung zurück, von dem wir eingangs gesprochen haben. In diesen Prozess sind auch die Kennzahlen eingebunden:

  • Wir müssen entscheiden, welche Ereignisse überhaupt maßgeblich sind, damit ein Verständnis dafür entsteht, warum wir sie messen.
  • Wir müssen dem Maßgeblichen ein handhabbares Maß geben und meist verschiedene Maße miteinander kombinieren, damit aus gemessenen Daten (Zahlen) eine Kennzahl wird.
  • Wir müssen der Kennzahl eine Bedeutung geben und sie mit einem Motiv verbinden, damit wir das Verhalten der Menschen beeinflussen.

Denn Controller sollen Handlungsempfehlungen liefern. Ereignisse, die diesem TUN entspringen bzw. dieses TUN auslösen, werden erst dann "maß"geblich. Damit schließt sich der Kreis.

Wer Kennzahlen sinnvoll einsetzen will, muss diesen Kreis gestalten können. Das gelingt nur, wenn der Controller-Service das Geschäft versteht, für das er Kennzahlen einsetzt. Schauen wir uns ein Beispiel an – ein Unternehmen will sein Reklamations-Management steuern. Dafür können folgende Schritte hilfreich sein (s. Abb. 3).

Abb. 3: Vom Ereignis zum TUN

Kennzahlen sind Teil eines Prozesses:

  • Das Ereignis "Reklamation" wird erfasst –händisch oder durch Einscannen bzw. über Sensoren; aus dem Ereignis wird ein Signal.
  • Das Signal wird quantifiziert – in diesem Fall werden die Ereignisse gezählt; aus dem Signal wird eine Zahl, ein Datum: Anzahl der Reklamationen
  • Um zu einer Kennzahl zu gelangen, wird die Anzahl der Reklamationen mit anderen Daten kombiniert: So entsteht in unserem Beispiel die Kennzahl "Reklamationskosten".
  • Im nächsten Schritt wird der Kennzahl eine Bedeutung geben: "Wir haben die für dieses Jahr geplanten Reklamationskosten bereits um x% überschritten". So entsteht aus der Kennzahl eine Information.
  • Schließlich ist es die Aufgabe des Controller-Services, ein Handlungsmotiv abzuleiten: "Wir wollen die Reklamationskosten senken. Dafür werden folgende Maßnahmen eingeleitet … (verantwortlich; Termin)".

Auch KPIs sind Teil eines Prozesses

Diese Herangehensweise ist auch wichtig, wenn wir mit Schlüsselkennzahlen für die Leistungssteuerung (sog. KPIs, Key Performance Indicators) arbeiten wollen. Dann geht es im analogen Sinne um folgende Schritte:

  • Wir fokussieren auf die "handvoll" kritischen Erfolgsfaktoren unseres Geschäfts – so bestimmen wir die Auswahl der maßgeblichen Ereignisse.
  • Dann formulieren wir die Schlüssel-Fragen (KPQ, Key Performance Question) – sie legen fest, worauf wir in Bezug auf die kritischen Erfolgsfaktoren eine Antwort finden wollen.
  • Mit den KPIs soll die Antwort gegeben werden auf die KPQs i. S. e. Gesprächsanlasses: mit den Verantwortlichen für den kritischen Erfolgsfaktor darüber sprechen, wie wir die gemeinsam gefundenen Ziele (noch) erreichen wollen bzw. welches Handeln dafür erforderlich wird.

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