Leitsatz (amtlich)
Der in einer GmbH-Gesellschafterversammlung bestimmte Versammlungsleiter kann die Befugnis zur Beschlussfeststellung haben mit der Folge, dass der Beschluss zunächst als wirksam gefasst anzusehen ist und die Wirksamkeit nur durch Klage beseitigt werden kann. Ein ad hoc bestellter Versammlungsleiter hat diese mit den genannten Wirkungen versehene Befugnis zur Beschlussfeststellung nur dann, wenn sie ihm ausdrücklich oder jedenfalls stillschweigend durch die Gesellschafter erteilt worden ist.
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 83 HRB 117721 B) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
Wegen der Entscheidung über die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 9.12.2013 zum 31.12.2013 aufgelöst. An dem Stammkapital der Gesellschaft ist der Beteiligte zu 2) mit 51 % und ein Herr G. mit 49 % beteiligt. Am 2.4.2015 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung statt. Gegenstand der Versammlung war die vorher bekannt gemachte Absicht, das Stammkapital der Gesellschaft um 200.000 EUR zu erhöhen, so dass der Beteiligte zu 2) neue Anteile mit einem Nennwert von 102.000 EUR und der Gesellschafter G. Anteile mit einem Nennwert von 98.000 EUR hätte übernehmen können. An der Versammlung nahmen jeweils Bevollmächtigte der Gesellschafter teil, wobei der Bevollmächtigte des Beteiligten zu 2) mit anwaltlichem Beistand erschienen war. Diese stimmten dem Vorschlag des Liquidators, die Versammlungsleitung zu übernehmen, zu. Hintergrund der beabsichtigten Kapitalerhöhung war dabei, dass der Liquidator und der Beteiligte zu 2) der Auffassung sind, dass die Erhöhung des Stammkapitals zur Beschaffung von Kapital zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft notwendig ist. Diese Auffassung wird von dem Gesellschafter G. bestritten, der darin lediglich eine Maßnahme sieht, weitere Streitigkeiten der Gesellschafter in anderem Zusammenhang zu beeinflussen. Im Rahmen der Abstimmung stimmte der Bevollmächtigte des Beteiligten zu 2) für die Kapitalerhöhung, der Bevollmächtigte des Gesellschafters G. dagegen. Auf einen Hinweis des anwaltlichen Beistands des Bevollmächtigten des Beteiligten zu 2), dass der Gesellschafter G. aufgrund einer Treuepflicht verpflichtet wäre, der Kapitalerhöhung zuzustimmen, stellte der Versammlungsleiter fest, dass die Stimmabgabe für den Gesellschafter G. unwirksam und die erforderliche Mehrheit für den Kapitalerhöhungsbeschluss erreicht sei. Gegen diese Feststellung erhob der Vertreter des Gesellschafters G. Widerspruch zu Protokoll. Der Kapitalerhöhungsbeschluss wurde in der Folge dahin geändert, dass hilfsweise der Beteiligte zu 2) auch den weiteren Anteil aus der Kapitalerhöhung von Herrn G. übernehmen könne. Auch im Rahmen dieser Abstimmung stimmte der Vertreter des Gesellschafters G. gegen die Erhöhung, der Liquidator stellte gleichwohl eine wirksame Beschlussfassung fest, wogegen wiederum Widerspruch erhoben wurde. Wegen der genauen Einzelheiten über den Ablauf wird auf das notarielle Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 2.4.2015, Urk-Nr. ... des Notars Dr. M. ' Bezug genommen.
Auf die Einreichung der Anmeldung der Kapitalerhöhung vom 2.4.2015 mit den weiteren notwendigen Unterlagen in der gehörigen elektronischen Form hat das AG mit Verfügungen vom 14. und 17.4.2015 die Rücknahme der Anmeldung angeregt, weil ein Kapitalerhöhungsbeschluss in der Liquidationsphase nur aus besonderen Gründen gefasst werden könne, die hier nicht ersichtlich seien. Darüber hinaus sei auch die notwendige Mehrheit nach § 53 Abs. 2 GmbHG nicht erreicht, weil die Stimmen des Gesellschafters G. zu Unrecht unberücksichtigt geblieben seien. Mit Beschluss vom 27.4.2015 hat das Registergericht sodann die Anmeldung unter Hinweis auf die beiden Zwischenverfügungen zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) vom 6. und 7.5.2015, denen das Registergericht nicht abgeholfen und mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 23.6.2015 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung der Beschwerde durch den Beteiligten zu 2) vom 9., 16.6. und 21.9.2015 und den Inhalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 23.6.2015 Bezug genommen.
II.1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist mit dem Schreiben vom 6.5.2015 frist- und formgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis folgt aus § 59 Abs. 2 FamFG, weil die Eintragung der Kapitalerhöhung nur aufgrund einer Anmeldung erfolgt, die als Antrag im Sinne der Vorschrift anzusehen ist. Als Antragsteller ist bei auf konstitutive Eintragungen gerichteten Anmeldungen auch jeweils die Kapitalgesellschaft anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 16.3.1992, II ZB 17/91, Beschluss vom 24.10.1988, II ZB 7/88, BGHZ 117, 323...