Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Die im Jahr 2014 gewährten Freibeträge für das sächliche Existenzminimum in Höhe von 4.368 € und den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in Höhe von 2.640 € für beide Elternteile stellen nach Auffassung des Finanzgerichts München das Existenzminimum eines Kindes in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Höhe von der Besteuerung frei.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen einzeln veranlagten Steuerpflichtigen, dem im Rahmen der Günstigerprüfung (§ 31 Satz 4 EStG) Freibeträge für seine beiden in 2002 und 2005 geborenen Kinder in Höhe von 7.008 Euro vom Einkommen abgezogen wurden. Im Einspruchsverfahren machte er geltend, die berücksichtigten Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG seien zu niedrig, um das Existenzminimum des Kindes vollständig von der Einkommensteuer freizustellen. Nach dem neunten Existenzminimumbericht (BT-Drucks. 17/11425 S. 7) betrage das sächliche Existenzminimum je Kind 4.440 Euro (2.220 Euro je Elternteil) im Jahr 2014. Der im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte Freibetrag je Kind sei daher bei der Einzelveranlagung um jeweils 36 Euro bzw. bei Berücksichtigung beider Elternteile um 72 Euro zu niedrig.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruch wies auch das Finanzgericht die Klage ab. Mit dem Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags vom 16.7.2015 (BGBl 2015 I S. 1202) wurde zwar entgegen dem im neunten Existenzminimumbericht ermittelten sozialhilferechtlichen Regelbedarf der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum nicht um 72 Euro erhöht. Dies verstößt nach Auffassung des Finanzgerichts jedoch weder gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit noch gegen das Diskriminierungsverbot von Eltern gegenüber Kinderlosen.
Der sächliche Kinderfreibetrag für 2014 lag zwar um 72 Euro unter dem im neunten Existenzminimumbericht ermittelten Wert für das sächliche Existenzminimum, jedoch ist diese Abweichung von dem dort errechneten steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum nach Überzeugung des Finanzgerichts verfassungsrechtlich unbedenklich. Da im Einkommensteuergesetz 2014 insgesamt Kinderfreibeträge in Höhe von 7.008 Euro je Kind normiert sind, ist die unterbliebene Anhebung der Kinderfreibeträge um 72 Euro für das sächliche Existenzminimum nicht verfassungswidrig. Der geringere Betrag von 72 Euro ist nach Ansicht des Finanzgerichts vom Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung abgedeckt. Das Finanzgericht hat jedoch die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Hinweis
Anderer Auffassung ist dagegen das Niedersächsische Finanzgericht, das die Auffassung vertritt, der Kinderfreibetrag 2014 sei verfassungswidrig zu niedrig, weshalb es im Wege der Richtervorlage das Bundesverfassungsgerichts angerufen hat (Niedersächsisches FG , Beschluss v. 2.12.2016, 7 K 83/16, EFG 2017 S. 668; Az beim BVerfG 2 BvL 3/17).
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 31.03.2017, 8 K 2426/15