Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Erzielt ein Kind nicht ganzjährig Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und ist das Kind auch nur für einen Teil des Jahres nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG 1997 zu berücksichtigen, dann ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag im Rahmen der Berechnung des Grenzbetrags gem. § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 EStG 1997 zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen, in denen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt werden.
Normenkette
§ 9a Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 , § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 EStG 1997 , § 32 Abs. 4 Sätze 2, 7 und 8 EStG 2002
Sachverhalt
Der im Juni 1976 geborene Kläger – das Kind, das die Auszahlung des Kindergelds gem. § 74 EStG an sich beantragt hatte – bezog bis Mai 1997 Arbeitslohn. Im Juni und Juli 1997 war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld in Höhe von 2 246 DM. Ab August war er in einem Ausbildungsdienstverhältnis beschäftigt (Arbeitslohn: 5 490 DM). Zusätzlich erhielt er eine Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 696 DM nach dem Arbeitsförderungsgesetz.
Der Beklagte lehnte den Kindergeldantrag mit dem Hinweis ab, die Einkünfte und Bezüge des Kindes hätten den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, bei der Berechnung des Jahresgrenzbetrags sei ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 7€12 zu berücksichtigen, weil der Kläger Anspruch auf Kindergeld für sieben Monate habe.
Entscheidung
Die Entscheidung Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Pauschbetrag auf die Monate des Berücksichtigungszeitraums und die übrigen Monate aufzuteilen sei. Zu berücksichtigen seien aber nur die Monate, in denen der Kläger Arbeitslohn erzielt habe, nicht auch die beiden Monate, in denen der Kläger arbeitslos gewesen sei. Es sei für die Aufteilung ohne Bedeutung, dass ihm auch für diese Monate Kindergeld zustehe.
Die Sache sei an das FG zurückzuverweisen, weil noch geklärt werden müsse, ob und inwieweit die Berufsausbildungsbeihilfe einen individuellen Sonderbedarf des Klägers abdecke und deshalb nicht bei den Bezügen anzusetzen sei.
Hinweis
Kindergeld wird nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur gewährt, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den jeweiligen Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen. Bezieht das Kind Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, ist – soweit keine höheren Werbungskosten angefallen sind – nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 EStG ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag abzuziehen. Zu klären war im Streitfall die Frage, wie dieser Pauschbetrag aufzuteilen ist, wenn das Kind nicht während des ganzen Jahres nichtselbstständig tätig ist.
Bei der Einkommensteuerveranlagung kann der Steuerpflichtige auch in diesem Fall den vollen Pauschbetrag beanspruchen, obwohl es sich um einen Jahresbetrag handelt. Bei der Berechnung des Jahresgrenzbetrags ist jedoch zu beachten, dass § 32 Abs. 4 Sätze 6 und 7 EStG 1997 (jetzt Sätze 5 und 6) zwischen einem Berücksichtigungszeitraum (hier: dem Berufsausbildungszeitraum) und dem übrigen Zeitraum (Kürzungsmonate) unterscheidet.
Daraus folgt: Erzielt das Kind Arbeitslohn ausschließlich in den Kürzungsmonaten, bleibt der Pauschbetrag bei der Berechnung des Jahresgrenzbetrags nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG außer Ansatz. Erzielt das Kind den Arbeitslohn ausschließlich im Berücksichtigungszeitraum, mindert der Pauschbetrag den Jahresgrenzbetrag in voller Höhe. Erzielt es den Arbeitslohn in beiden Zeiträumen, ist der Pauschbetrag nach Monaten aufzuteilen.
Ein besonderes Aufteilungsproblem stellt sich, wenn das Kind zwar sowohl im Berücksichtigungszeitraum als auch in den Kürzungsmonaten, aber nicht in allen Monaten des Jahres Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt. Hier ist der Pauschbetrag zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen, in denen das Kind Arbeitslohn bezieht; auf die jeweils erzielten Einnahmen kommt es nicht an. Das gilt unabhängig davon, wann der Arbeitslohn zufließt (zur eingeschränkten Geltung des Zuflussprinzips vgl. u.a. BFH, Urteil vom 14.5.2002, VIII R 57/00, BFH-PR 2002, 372).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.7.2003, VIII R 96/02