Leitsatz

Kindergeld kann bei einem freiwilligen sozialen Jahr im Ausland nur gewährt werden, wenn der Träger des freiwilligen sozialen Jahres die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 SozDiG erfüllt und von der zuständigen Landesbehörde zugelassen wird.

 

Sachverhalt

Die im Jahr 1987 geborene Tochter der Klägerin hat im Juni 2007 mit dem Abitur ihre Schulausbildung beendet. Anschließend hat sie sich entschieden, ein "freiwilliges soziales" Jahr abzuleisten. Abgeleistet hat sie diese Zeit in einem christlichen Konferenzzentrum in England. Die Familienkasse hat die Kindergeldfestsetzung ab August 2007 aufgehoben, da die Tochter die Schule beendet habe und sich nicht mehr in Ausbildung befinde. Ein "freiwilliges soziales Jahr" ab September 2007 könnte nicht anerkannt werden, da der Träger seinen Hauptsitz nicht im Inland gehabt habe. Im Klageverfahren trägt die Mutter vor, dass die Teilnahme der Tochter an verschiedenen Programmen im Rahmen des "freiwilligen sozialen Jahres" mit einem Praktikum im Hinblick auf das künftige Studium vergleichbar gewesen sei, und daher nach dem Gleichheitsgrundsatz Kindergeld gewährt werden müsse.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG erfüllt der von der Tochter abgeleistete Dienst nicht die Voraussetzung eines freiwilligen sozialen Jahres oder eines Freiwilligendienstes (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG). Ein freiwilliges soziales Jahr im Ausland im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (SozDiG) liegt nur vor, wenn der Träger des freiwilligen sozialen Jahres die Voraussetzung des § 5 Abs. 2 SozDiG erfüllt und von der zuständigen Landesbehörde zugelassen ist [1]. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Auch unter dem Gesichtspunkt des Erwerbs von Sprachfertigkeiten ist der Freiwilligendienst nicht als Berufsausbildung zu qualifizieren. Eine Ausbildung in diesem Sinne ist dann anzunehmen, wenn der Sprachaufenthalt z. B. mit dem Besuch einer allgemein bildenden Schule oder einer ausländischen Universität verbunden wird. Darüber hinaus können Auslandssprachaufenthalte-- z. B. im Rahmen eines Aupair-Verhältnisses - regelmäßig nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ebenfalls nicht vor.

 

Hinweis

Nach erfolgreicher NZB muss der BFH nun in dem Verfahren III R 78/09 die Frage klären, ob es sich bei dem "Praktikumsaufenthalt" um eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG handelt. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch eingelegt und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verwiesen werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.07.2008, 1 K 1252/08

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge