Leitsatz
Auch bei einem behinderten Kind erfordert die Anerkennung eines Praktikums als Ausbildung den Nachweis, dass bei dem Praktikum der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht.
Sachverhalt
Die Familienkasse lehnte die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter der Klägerin mit der Begründung ab, dass ein Praktikum auf dem Reiterhof keine Berufsausbildung sei. Die Tochter könne auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG (behindertes Kind) berücksichtigt werden, da mangels Zustimmung zu einer Untersuchung durch den Amtsarzt nicht festgestellt werden könne, dass sie außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass ein Kind mit Behinderung sogar dann für den Beruf ausgebildet werde, wenn es durch gezielte Maßnahmen auf eine - wenn auch einfache - Erwerbstätigkeit vorbereitet werde. Der Bezug der Praktikumstätigkeit zum Berufsziel könne nicht mit der Begründung verneint werden, dass die fragliche Maßnahme keine Befristung aufweise. Lediglich aufgrund fehlender staatlicher Schulungsangebote hätten der Tochter bislang die geforderten Kenntnisse nicht vermittelt werden können. Außerdem sei die Tochter auch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen, da nachgewiesen sei, dass ein Grad der Behinderung von 50 bis 80 vorliege, und sie nicht in der Lage sei, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Entscheidung
Das FG vertritt die Auffassung, dass das im Streitzeitraum von der Tochter auf dem Reiterhof abgeleistete Praktikum nicht als Berufsausbildungsmaßnahme anzusehen war, da die Klägerin nicht dargelegt hat, welche Kenntnisse und Fähigkeiten der Tochter konkret im Streitzeitraum vermittelt wurden. Vielmehr hat sie sich auf eine Aufzählung von Ausbildungsinhalten beschränkt, ohne zu erläutern, wann diese vermittelt wurden. Die Tochter kann auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, da nicht nachgewiesen ist, dass die Tochter wegen ihrer Behinderung außerstande war, sich selbst zu unterhalten. Mit dem Nachweis der Behinderung ist noch nicht nachgewiesen, dass ein Kind wegen der Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Mangels Zustimmung der Klägerin zur Untersuchung des Kindes durch einen ärztlichen Sachverständigen, war es dem Gericht nicht möglich, Erkenntnisse über die Fähigkeit des Kindes, sich durch Erwerbstätigkeit selbst zu unterhalten, zu gewinnen. Dies geht unter Berücksichtigung der Mitwirkungspflichten der Klägerin zu deren Lasten.
Hinweis
Die Diagnose des Vorliegens von frühkindlichem Autismus ersetzt nach Auffassung des FG nicht den Nachweis, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Das Urteil des FG ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 14.11.2013, 5 K 3573/11