Leitsatz

Türkische Staatsangehörige haben auf Grund der Gleichstellung mit Inländern einen Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn sie seit wenigstens 6 Monaten im Inland wohnen. Der Anspruch setzt keinen spezifischen Aufenthaltstitel oder Erwerbsstatus voraus und greift auch bei der Unterbringung in einem Übergangsheim durch.

 

Sachverhalt

Die Klägerin besitzt die türkische Staatsangehörigkeit und reiste im Jahre 1996 in die Bundesrepublik ein. Den Antrag auf Gewährung des Kindergeldes lehnte die Familienkasse mit der Begründung ab, dass die Klägerin nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels sei, der einen Anspruch auf Gewährung von Kindergeld begründe. Außerdem sei die Klägerin in einer Sammelunterkunft untergebracht gewesen und habe somit keinen Wohnsitz im Inland begründet. Im Klageverfahren macht die Klägerin geltend, dass sie im Inland wohne und dass der Begriff des Wohnens im Sinne des Abkommens nicht mit dem Begriff Wohnsitz im Sinne der Abgabenordnung identisch sei

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG hat die Klägerin als Türkische Staatsangehörige auf Grund der Gleichstellung mit Inländern nach dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit vom 11.12.1953 (BGBl 1956 II S. 507) einen Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, da sie seit wenigstens 6 Monaten im Inland wohnt. Der Begriff des Wohnens in diesem Zusammenhang ist abkommensspezifisch und jedenfalls in den verschiedenen Signaturstaaten nicht unterschiedlich auszulegen. Zur Auslegung ist daher ein Rückgriff auf nationales Recht nicht zulässig. Aus dem Abkommen lassen sich keinerlei Gesichtspunkte für die von der Familienkasse angenommene Einschränkung entnehmen, wonach ein Wohnen im Sinne des Abkommens nur bei einer privaten Wohnungsanmietung gegeben sein soll. Die vertragsschließenden Staaten haben die Gleichstellung unabhängig vom ausländerrechtlichen Status und vom Erwerbsstatus lediglich von der Voraussetzung eines 6-monatigen Wohnens im jeweiligen Vertragsstaat abhängig gemacht. Auch nach der DA-FamEStG 62.4.3 Abs. 4 Satz 4 hängt der Kindergeldanspruch lediglich von einem inländischen Aufenthalt ab. Allgemein wohnt eine Person an dem Ort, an dem sie sich gewöhnlich aufhält und sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet, an dem sie sich also nicht lediglich besuchsweise aufhält.

 

Hinweis

Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene Revision wurde eingelegt und wird unter dem Az. III R 75/08 beim BFH geführt. Betroffene Kindergeldberechtigte sollten daher in vergleichbaren Fällen gegen die Ablehnung des Kindergeldes Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das vorstehende Verfahren das Ruhen des Verfahrens beantragen.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 31.07.2008, 14 K 2206/06 Kg

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