Leitsatz
Ein Elternteil, der dem nicht in einem Haushalt eines Berechtigten aufgenommenen Kind eine Unterhaltsrente zahlt, die niedriger ist als das von ihm bezogene Kindergeld, während der andere Elternteil Unterhalt zahlt, erhält nach § 64 Abs. 3 EStG kein Kindergeld.
Sachverhalt
Der geschiedene Kläger erhielt für seine Tochter ab November 2004 Kindergeld, da die Tochter seit dem 1.11.2004 in einem eigenen Haushalt wohnte und nach Angaben des Klägers nur von ihm Unterhalt erhielt. Nach dem die Mutter der Tochter ab Juni 2005 Kindergeld beantragt hatte, wurde die Kindergeldfestsetzung zu Gunsten des Klägers ab November 2005 aufgehoben. Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, dass ihm das Kindergeld für den Zeitraum November 2005 - Februar 2006 zustehen würde. Da die Tochter ab Oktober 2005 eine Ausbildungsvergütung von 530 EUR monatlich erhalten habe, hätte er ab November 2005 nur noch die Differenz zum Regelsatz durch monatliche Überweisung erbracht. Die von der Mutter behaupteten Unterhaltszahlungen sind nach Angaben des Klägers nicht geleistet worden. Dagegen trägt die Mutter vor, der Kläger habe in den Monaten November und Dezember 2005 keinen Unterhalt gezahlt und für die Monate Januar und Februar 2006 lediglich die Hälfte des an ihn ausgezahlten Kindergeldes überwiesen.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG steht dem Kläger für den Zeitraum November 2005 - Februar 2006 kein Kindergeld zu. Gemäß § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld nach § 64 Abs. 3 EStG derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. Zahlen mehrer Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält nach § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt. Als Unterhaltsrente ist der laufende Barunterhalt i.S. des § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das FG anschließt, bleibt das an das Kind weitergeleitete Kindergeld bei der Feststellung der höheren Unterhaltsrente i. S. des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG außer Betracht (BFH, Urteil v. 2.6.2005, III R 66/04, BStBl 2006 II S. 184). Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum keine Unterhaltsrente gezahlt. Nach seinem eigenen Vortrag hat er ab November 2005 nur Zahlungen in Höhe von monatlich 75 EUR an seine Tochter geleistet. Da diese Zahlungen geringer als das an ihn ausbezahlte Kindergeld sind, sind sie nicht als Unterhaltsrente i. S. des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigen. Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Mutter in dem strittigen Zeitraum laufenden Barunterhalt geleistet hat, steht ihr auch das Kindergeld zu.
Hinweis
Für die Praxis von Bedeutung ist die auf die Rechtsprechung des BFH gestützte Aussage des FG, dass das an das Kind weitergeleitete Kindergeld nicht zum Barunterhalt zählt.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 23.01.2008, 9 K 3387/06