Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Bauunternehmer B aus München beauftragt gerne Subunternehmer mit kleineren Bauarbeiten, die er selbst bei seinen Kunden nicht ausführen kann.
Im März 2025 erteilt er u. a. die folgenden Aufträge:
- Den nebenberuflich selbstständig tätigen Maurermeister M aus Schwabing (Deutschland) beauftragt er, bei einem Kunden eine leichte Trennwand einzubauen. M besorgt sich das notwendige Material und berechnet B nach Ausführung der Bauarbeiten 2.000 EUR. Da M Kleinunternehmer ist, weist er keine Umsatzsteuer in seiner Rechnung gegenüber B aus (Alternative: M hat im Vorjahr einen Gesamtumsatz von 26.000 EUR realisiert).
- Den schon im Vorruhestand befindlichen Fliesenleger F aus Salzburg (Österreich), der aber noch regelmäßig in geringem Umfang Leistungen ausführt, beauftragt er, in einem Einfamilienhaus bei München Fliesenarbeiten auszuführen. Das notwendige Material stellt B dem F zur Verfügung. F, der in Österreich eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer beantragt und erhalten hat (Alternative: F hat sich in Österreich nicht für das separate Meldeverfahren registriert und deshalb keine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer), stellt dem B eine Rechnung ohne gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer über 2.000 EUR aus. Die Rechnung ist ansonsten umsatzsteuerrechtlich zutreffend ausgestellt.
2.2 Fragestellung
B möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich für ihn ergeben.
2.3 Lösung
Alle Beteiligten sind Unternehmer, die selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig sind; dass es sich teilweise um ausländische Unternehmer handelt, ist dabei ohne Auswirkung. Alle Unternehmer handeln im Rahmen ihres Unternehmens.
Maurermeister M führt mit der Errichtung der Trennwand eine Werklieferung aus, da er den Hauptstoff für die von ihm ausgeführte Leistung besorgt und er einen fremden Gegenstand bearbeitet. Da der Gegenstand der Lieferung (die Trennwand) nach der Errichtung nicht mehr befördert oder versendet wird, handelt es sich um eine ruhende Lieferung, die nach § 3 Abs. 5a i. V. m. Abs. 7 Satz 1 UStG dort ausgeführt ist, wo sich der Gegenstand bei Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Die Werklieferung durch M ist damit in Deutschland nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG kommt nicht in Betracht.
Da M im Grundfall nach der Sachverhaltsangabe Kleinunternehmer ist, ist der von ihm ausgeführte Umsatz steuerfrei nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG. M muss gegenüber B eine Rechnung ausstellen, in der er auf die Steuerfreiheit als Kleinunternehmerumsatz hinweist.
Keine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung
Da die Leistung im Jahr 2025 ausgeführt wurde, würde grundsätzlich (vorbehaltlich der Übergangsregelungen) die Verpflichtung zur Abrechnung durch eine E-Rechnung bestehen. Kleinunternehmer sind aber – auch nach Ablauf der Übergangsregelungen – nicht verpflichtet, mit einer E-Rechnung abzurechnen. Sie können auch (wie bisher) mit einer "sonstigen Rechnung" (auf Papier oder bei Zustimmung des Leistungsempfängers auch in einem anderen elektronischen Format) abrechnen.
Da der Umsatz des M steuerfrei ist, kann es auch grundsätzlich nicht zur Übertragung der Steuerpflicht auf den Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Verfahren) kommen. Es ergeben sich somit für B aus der erhaltenen Leistung keine umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen.
Im Fall der Alternative ist der von M ausgeführte Umsatz ebenfalls als Werklieferung im Inland steuerbar. Da M aber im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 25.000 EUR Gesamtumsatz realisiert hat, ist er nicht mehr Kleinunternehmer nach § 19 UStG. Damit ist sein Umsatz steuerpflichtig. Bei der Werklieferung handelt es sich um eine Bauleistung i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG, sodass der Leistungsempfänger B zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung wird. Voraussetzung dafür ist einerseits, dass B ein Unternehmer ist, der selbst nachhaltig Bauleistungen am Markt ausführt. Da es sich bei B um einen Bauunternehmer handelt, ist davon auszugehen, dass er die Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG erfüllt.
Nachweis durch Bescheinigung
Grundsätzlich wird die Eigenschaft als bauleistender Leistungsempfänger gegenüber dem leistenden Unternehmer durch die Bescheinigung USt 1 TG nachgewiesen.
Da die Leistung durch einen Unternehmer ausgeführt wird und auch steuerpflichtig ist, geht die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger über. M ist in diesem Fall verpflichtet, eine Rechnung auszustellen, in der auch keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist, er muss aber in der Rechnung mit den Worten "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft hinweisen. B schuldet damit im Monat der Ausstellung der Rechnung auf der Bemessungsgrundlage von 2.000 EUR und bei Anwendung des Regelsteuersatzes von 19 % eine Umsatzsteuer von 380 EUR. Diese von ihm geschuldete Umsatzsteuer kann dann unter den weiteren Voraussetzungen als Vorsteuer abgezogen werden.
Im zweiten Fall führt Unter...