Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Zusammenfassung
Grundsätzlich treffen einen Unternehmer alle sich aus dem Umsatzsteuergesetz ergebenden Rechte und Pflichten. Auch Kleinunternehmer sind Unternehmer, die bestimmte Pflichten zu beachten haben. Kleinunternehmer führen seit 2025 steuerfreie Leistungen aus, ein Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen kann deshalb nicht vorgenommen werden. Allerdings muss – insbesondere bei grenzüberschreitenden Leistungen – auch der Kleinunternehmer bestimmte Pflichten beachten. Darüber hinaus kann es erstmals ab 2025 auch zu einer EU-grenzüberschreitenden Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung kommen. Deshalb muss auch ein Leistungsempfänger darauf achten, ob er eine Leistung von einem Kleinunternehmer bezieht oder nicht.
1 Problematik
Das Umsatzsteuergesetz sieht für Unternehmer umfangreiche Rechte und Pflichten vor. Dabei ist die Unternehmereigenschaft grundsätzlich nicht von der Höhe der Umsätze abhängig. Um Unternehmern, die nur Umsätze in geringem Umfang ausführen, eine Erleichterung zu gewähren, sind für sog. Kleinunternehmer Vereinfachungen im Umsatzsteuerrecht enthalten. Kleinunternehmer müssen regelmäßig keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen abgeben. Die im Inland ausgeführten steuerbaren Umsätze sind seit 2025 steuerfrei. In ihren Rechnungen dürfen sie keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Soweit Umsatzsteuer in Rechnungen gesondert ausgewiesen wird, schuldet der Kleinunternehmer diese nach § 14c Abs. 1 UStG. Die einem Kleinunternehmer in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für bezogene Leistungen darf von ihm nicht als Vorsteuer abgezogen werden, dies gilt entsprechend auch für Umsatzsteuerbeträge, die der Kleinunternehmer nach § 13b UStG (Reverse-Charge-Verfahren) schuldet. Bezieht ein Kleinunternehmer im Inland Leistungen, die er für einen Umsatz verwendet, der in einem anderen Mitgliedstaat der EU zu einem dort steuerfreien Umsatz als Kleinunternehmer führt, ist der Vorsteuerabzug im Inland ebenfalls vom Abzug ausgeschlossen.
Um im Inland die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nehmen zu können, darf der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 25.000 EUR betragen haben. Liegt diese Voraussetzung vor, ist der Unternehmer im laufenden Kalenderjahr Kleinunternehmer, bis sein Gesamtumsatz 100.000 EUR überschritten hat. Zur Überprüfung, ob die maßgeblichen Umsatzgrenzen überschritten werden, ist jeweils der Gesamtumsatz i. S. d. § 19 Abs. 2 UStG zu berechnen.
Neue Berechnungsmethode seit 2025
Durch das Jahressteuergesetz 2024 sind seit dem 1.1.2025 die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerbesteuerung erheblich verändert worden. Hat der Unternehmer im Vorjahr die Gesamtumsatzgrenze von 25.000 EUR nicht überschritten, kommt es auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahrs nicht mehr an. Der Unternehmer startet – soweit er nicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung unwiderruflich verzichtet – als Kleinunternehmer. Wenn er dann in dem laufenden Kalenderjahr mit seinem Gesamtumsatz die Grenze von 100.000 EUR überschreitet, erfolgt unterjährig ein Wechsel in die Regelbesteuerung. Die bis dahin ausgeführten Umsätze bleiben aber in der Kleinunternehmerbesteuerung verhaftet..
Hat der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr die Umsatzgrenze von 25.000 EUR (dies gilt erstmals für 2025 für den tatsächlichen Umsatz des Jahres 2024) überschritten, ist für ihn die Anwendung des § 19 UStG im laufenden Kalenderjahr grundsätzlich nicht möglich, er muss dann die Regelbesteuerung anwenden. Das Überschreiten der Gesamtumsatzgrenze stellt aber keinen Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung dar, sodass der Unternehmer ohne Bindungswirkung in einem folgenden Kalenderjahr in die Kleinunternehmerbesteuerung zurückkehren kann, wenn er die Grenze von 25.000 EUR wieder eingehalten hat.
Keine Hochrechnung in einen Gesamtumsatz
Hat die Unternehmereigenschaft nicht das gesamte Kalenderjahr bestanden (z. B. bei einer Neuaufnahme der unternehmerischen Betätigung), muss der anteilige Vorjahresumsatz nicht in einen Gesamtjahresumsatz hochgerechnet werden. Es sind auch keine gesetzlichen Regelungen für das Jahr der erstmaligen unternehmerischen Betätigung mehr vorhanden Damit startet jeder Unternehmensgründer theoretisch als Kleinunternehmer. Dem Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung kommt damit gerade bei Neugründungen eine besondere Bedeutung zu, damit der Vorsteuerabzug aus Anfangsinvestitionen nicht verloren geht.
Zur Prüfung der Kleinunternehmereigenschaft muss der Gesamtumsatz betrachtet werden. Der Gesamtumsatz ist ausgehend von der Summe der steuerbaren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu ermitteln. Innergemeinschaftliche Erwerbe und Einfuhren sind damit nicht mit einzubeziehen. Ebenfalls sind für die Prüfung der Gesamtumsatzgrenze im Reverse-Charge-Verfahren geschuldete Steuerbeträge unbeachtlich. Von den steuerbaren Ausgangsleistungen werden aber bestimmte steuerfreie Ausgangsleistungen (in...