Leitsatz
Gewährt eine deutsche Gesellschaft ihrer ausländischen Enkelgesellschaft ein Darlehen zu einem unüblich niedrigen Zins, so sind ihre Einkünfte auch dann nach § 1 AStG zu berichtigen, wenn die Einkünfte der Enkelgesellschaft bei ihrer deutschen Muttergesellschaft nach Maßgabe der §§ 7 ff. AStG hinzugerechnet werden. Eine Doppelbesteuerung ist dann in der Weise zu vermeiden, dass bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte der Muttergesellschaft eine Gegenberichtigung vorgenommen wird (Bestätigung von Tz. 1.5.2 des BMF, Schreiben vom 23.2.1983, BStBl I 1983, 218).
Normenkette
§ 1 AStG , § 7 ff. AStG
Sachverhalt
Klägerin war eine KG, welche in den Streitjahren (1986 bis 1989) sämtliche Anteile an einer GmbH hielt. Diese GmbH war ihrerseits alleinige Gesellschafterin einer AG schweizerischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz.
Die Klägerin hatte in den Streitjahren gegenüber der AG Darlehensforderungen, die nicht marktgerecht verzinst wurden. Das FA rechnete die Unterschiedsbeträge zu den Marktzinsen dem Einkommen der Klägerin gem. § 1 AStG hinzu. Bei der GmbH wurden im Rahmen einer Hinzurechnung nach § 7 AStG Gegenberichtigungen vorgenommen, durch die die genannten Beträge in Abzug gebracht wurden.
Entscheidung
Der BFH bestätigt dieses Vorgehen des FA. Zwar lasse sich darüber streiten, wie Doppelbesteuerungen infolge Hinzurechnung gem. §§ 7 ff. AStG und Gewinnkorrektur gem. § 1 AStG vermieden werden könnten (s. dazu die Praxis-Hinweise). Da hier die doppelte Besteuerung bei verschiedenen Steuersubjekten erfolge, scheide ein Verzicht auf die Gewinnkorrektur gem. § 1 AStG für die Klägerin jedenfalls aus.
Hinweis
1. Es gibt im Außensteuerrecht einen beträchtlichen Streit darüber, in welchem Verhältnis § 1 AStG einerseits und §§ 7 ff. AStG andererseits zueinander stehen.
Dieser Streit entzündet sich daran, dass bei gleichzeitiger Anwendung beider Tatbestände, der Korrektur unangemessen niedriger Preise zwischen Nahestehenden "über die Grenze" gem. § 1 AStG und der Hinzurechnung gem. §§ 7 ff. AStG, Doppelbesteuerungen drohen. Das erweist sich an dem folgenden Beispiel:
A ist unbeschränkt steuerpflichtig und an einer ausländischen Zwischengesellschaft Z beteiligt. A erbringt an die Z eine Leistung zu einem unangemessen niedrigen Preis. Folglich hat die Z einen höheren Gewinn, der sich im Rahmen des Hinzurechnungsbetrags gem. §§ 7 ff. AStG aus passiven Einkünften der Z bei A, dem der Hinzurechnungsbetrag zuzurechnen ist, steuererhöhend auswirkt. Erfolgt nun gleichzeitig eine Gewinnkorrektur gem. § 1 AStG, schlagen sich die im Ausland verwirklichten Einkünfte im Inland im Ergebnis steuerlich doppelt nieder.
2. Wie diesem Dilemma beizukommen ist, ist, wie gesagt, kontrovers:
- Nach Ansicht des BMF ist in allen Fällen § 1 AStG uneingeschränkt auch auf Geschäftsbeziehungen eines Steuerpflichtigen zu Zwischengesellschaften i.S.d. §§ 7 bis 14 AStG anzuwenden (Tz. 1.5.2 des BMF, Schreiben vom 23.2.1983, BStBl I 1983, 218). Der Gefahr einer Überbesteuerung soll in der Weise begegnet werden, dass bei der Ermittlung der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der Zwischengesellschaft eine Gegenberichtigung vorgenommen wird.
- Das FG Münster (Urteil vom 7.8.1997, EFG 1997, 1289) hält § 1 AStG schon seinen tatbestandlichen Voraussetzungen nach nicht für anwendbar, wenn und soweit die Verlagerung von Einkünften in das Ausland durch die Hinzurechnungsbesteuerung ausgeglichen werde; es fehle dann an der von der Vorschrift geforderten "Minderung der Einkünfte" aus der betreffenden Geschäftsbeziehung.
- Wassermeyer (in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, 6. Aufl., § 1 AStG Anm. 186) will § 1 AStG demgegenüber teleologisch reduziert auslegen und hinter §§ 7 ff. AStG im Grundsatz zurücktreten lassen. Dies wird (auch) auf die Überlegung gestützt, dass die Hinzurechnungsbesteuerung auf der Ebene der Einkünfteermittlung erfolgt, während die Korrektur nach § 1 AStG erst im Anschluss an die Einkünfteermittlung, also auf einer nachrangigen Stufe, ansetzt (vgl. Wassermeyer, a.a.O., § 1 AStG Anm. 77.1). Die Argumentation des FG Münster sei nicht tragfähig, da bei der Frage nach der "Einkünfteminderung" i.S.d. § 1 AStG nicht an die gem. § 7 AStG korrigierten Einkünfte, sondern an den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG anzuknüpfen sei.
3. Der BFH schlichtet den Streit nicht und vermeidet eine klare Antwort. Er geht davon aus, dass die drohende Doppelbesteuerung nur dann greifen könne, wenn sie in ein und derselben Person als Steuersubjekt in Erscheinung trete. Gehe es aber um verschiedene Personen, bei denen hinzugerechnet und gem. § 1 AStG korrigiert werde, dann gelte dies nicht.
So lagen die Dinge im Urteilsfall, wo zwischen dem inländischen Anteilseigner und der ausländischen Beteiligungsgesellschaft eine inländische Zwischengesellschaft Z geschaltet war. Hinzurechnung und Gewinnkorrektur fielen also in personeller Hinsicht auseinander. In Anbetracht dessen bleibe, so der BFH, als Ausweg nur ein etwaiger Billigkeitserweis, e...