OFD Niedersachsen, Verfügung vom 10.6.2021, S 7100 - 174 - St 171

Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen kommunaler Wasserversorgungsunternehmen

Kommunale Wasserversorgungsunternehmen sind Betriebe gewerblicher Art von Gemeinden oder Kapitalgesellschaften, an denen die Gemeinden beteiligt sind. Sie erbringen unabhängig von der Rechtsform steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.

 

1. Legen von Hauswasseranschlüssen

Das Legen eines Hauswasseranschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen ist eine eigenständige Leistung. Sie fällt unter den Begriff Lieferung von Wasser i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG und unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Einzelheiten ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 4.2.2021 (BStBl 2021 I S. 312).

Danach ist es nunmehr für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unerheblich, ob die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung durch ein und denselben Unternehmer erfolgen.

Nach dem BMF-Schreiben ist „Legen eines Hauswasseranschlusses” die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks durch den Wasserversorger oder einen Bauunternehmer. Umfasst sind alle Leistungen, die der den Anschluss verlegende Unternehmer gegenüber seinem Leistungsempfänger erbringt. Begünstigt sind auch übliche Nebenleistungen, wie z.B. der Bodenaushub, wenn diese von demselben Unternehmer erbracht werden und der Hauptleistung „Legen eines Hauswasseranschlusses” ausschließlich und unmittelbar dienen. Eingangsleistungen gegenüber dem Unternehmer, der die Hauswasseranschlussleistung erbringt, sind dagegen nicht begünstigt. Dies bedeutet, dass beim Legen eines Hauswasseranschlusses jede Eingangsleistung (z.B. von Subunternehmern) an den Wasserversorger, der im Außenverhältnis die (begünstigte) Anschlussleistung gegenüber dem Anschlusskunden erbringt und abrechnet, dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Eingangsleistung im vollständigen Legen des Hauswasseranschlusses besteht und der Subunternehmer gegenüber dem Wasserversorger nicht lediglich Einzelleistungen erbringt.

Ebenso wenig sind Leistungen begünstigt, die nicht oder nicht ausschließlich das Legen eines Hauswasseranschlusses betreffen. Insbesondere nicht begünstigt sind Arbeiten, die der Herstellung eines Mehrfachanschlusses (Strom, Telekommunikation, Gas und Wasser) dienen. Gemeinsame Kosten (Tiefbauarbeiten) für einen Mehrspartenanschluss sind daher nicht aufzuteilen, sondern unterliegen als einheitliche Leistung dem allgemeinen Steuersatz. Die Regelungen des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Beruft sich der leistende Unternehmer nicht auf die Nichtbeanstandungsregelung unter Tz. IV des BMF-Schreibens, schuldet er eine etwaig zu hoch ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Auf die Möglichkeit der Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG wird hingewiesen.

 

2. Vermietung von Wasseruhren und Standrohren zur Bereitstellung von Bauwasser

Die Vermietung von Standrohren zur Bereitstellung von Bauwasser und die Vermietung von Wasseruhren sind Nebenleistungen zur ermäßigt besteuerten Lieferung von Wasser. Das gilt unabhängig davon, ob für die Vermietung ein gesondertes Entgelt berechnet wird oder sich der Wasserbezugspreis erhöht.

 

3. Weiterleitung von Ablesedaten an eine Gemeinde oder einen Landkreis

Wasserversorgungsunternehmen leiten Ablesedaten an den Hoheitsbereich von Gemeinden und Landkreisen zur Festsetzung der Abwassergebühren weiter. Dabei treten unterschiedliche Fallgestaltungen auf.

 

3.1. Gemeinde oder Landkreis leistet Zahlungen an das Wasserversorgungsunternehmen

Nach § 12 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) kann eine Gemeinde oder ein Landkreis durch Satzung bestimmen, dass Dritte, die in engen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zu einem Sachverhalt stehen, an den die Abgabepflicht anknüpft, anstelle der Beteiligten gegen Kostenerstattung verpflichtet sind, ihnen die zur Abgabenfestsetzung oder -erhebung erforderlichen Berechnungsgrundlagen mitzuteilen.

Macht eine Gemeinde oder ein Landkreis davon Gebrauch und verpflichtet sie die Wasserversorgungsunternehmen in der Abwassersatzung dazu, die Verbrauchsgrundlagen der Wasserabnehmer zur Feststellung der Abwassermenge mitzuteilen, dann ist die Kostenerstattung nicht umsatzsteuerbarer Schadenersatz (Abschn. 1.3 Abs. 9 Nr. 1 UStAE). Denn nach § 107 AO haben Auskunftspflichtige einen Anspruch auf Entschädigung in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen. § 11 Abs. 1 Nr. 3 NKAG erklärt diese Vorschrift für anwendbar. Sind die Wasserversorgungsunternehmen nach der Abwassersatzung selbst zur Auskunft verpflichtet, steht ihnen somit eine Entschädigung zu.

Legt die Gemeinde oder der Landkreis in der Abwassersatzung den Wasserversorgungsunternehmen keine Auskunftspflicht auf, dann ist die Kostenerstattung steuerbares und steuerpflichtiges Entgelt für die Leistung des Wasserversorgun...

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