Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Werden anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse anderer Personen als des geprüften Steuerpflichtigen festgestellt, ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser anderen Personen von Bedeutung ist oder die Feststellungen eine unerlaubte Hilfeleistung in Steuersachen betreffen.
Die Auswertung geschieht dadurch, dass der Prüfer eine sog. Kontrollmitteilung über die Feststellungen anfertigt und der für die andere Person zuständigen Finanzbehörde zusendet. Diese prüft dann, ob bei der anderen Person diese mitgeteilten Verhältnisse bei der Besteuerung berücksichtigt oder, falls eine Besteuerung noch nicht durchgeführt ist, zu berücksichtigen sind. Die Kontrollmitteilungen dienen der Steuerüberwachung. Nicht selten führen sie beim "Empfänger-Finanzamt" zu einer Außenprüfung beim "zu Kontrollierenden".
1.1 Gegenstand von Kontrollmitteilungen
Mitgeteilt werden können alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die Bedeutung haben können für die Besteuerung dem Grunde und der Höhe nach. Dies können z. B. Zahlungen, Rechnungen, Vertragsabschlüsse, Gesellschaftsverträge und dergleichen sein. Mitgeteilt werden darf alles, was indiziell bei dem Dritten unmittelbar oder mittelbar steuerlich von Bedeutung sein kann.
1.2 Anlass für die Erstellung einer Kontrollmitteilung
Nach § 9 BpO soll der Außenprüfer Feststellungen, die nach § 194 Abs. 3 AO für die Besteuerung anderer Steuerpflichtiger ausgewertet werden können, der zuständigen Finanzbehörde mitteilen. § 194 Abs. 3 AO verlangt seinerseits lediglich, dass anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse Dritter festgestellt werden.
Der BFH hat hierzu entschieden, dass das Wort "anlässlich" mehr verlangt als einen bloßen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Außenprüfung und der Feststellung steuerrelevanter Verhältnisse Dritter. Vielmehr muss auch ein sachlicher Zusammenhang in der Weise bestehen, dass bei einer konkreten und im Aufgabenbereich des Prüfers liegenden Tätigkeit ein Anlass auftaucht, solche Feststellungen zu treffen. Dies muss kein besonderer, z. B. auf eine Steuerverkürzung hindeutender, Anlass sein. Vielmehr genügt es, dass die vom Prüfer einzusehenden Geschäftsunterlagen des Steuerpflichtigen Hinweise auf die Verhältnisse dritter Personen geben können, die bei objektiver Betrachtung für deren Besteuerung von Bedeutung sein können.
Fehlt es also an dieser konkreten Prüfungstätigkeit, handelt der Prüfer außerhalb der ihm durch den Prüfungsantrag verliehenen Befugnisse. Eine Außenprüfung, die genutzt werden soll, um zielgerichtet steuerliche Verhältnisse Dritter festzustellen und so erst einen Anlass für Ermittlungshandlungen zu schaffen, verpflichtet den Steuerpflichtigen nicht zur Mitwirkung.
Allerdings hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass vom Prüfer rechtswidrig erlangte Erkenntnisse gleichwohl per Kontrollmitteilung weitergegeben werden können, da die AO keine Norm enthält, wonach rechtswidrig ermittelte Tatsachen generell einem Verwertungsverbot unterliegen. Im entschiedenen Fall bestand nach Auffassung des Gerichts schon deshalb kein Verwertungsverbot, weil dieselben Ermittlungen außerhalb der Außenprüfung (durch Einzel-Auskunft oder durch die Steuerfahndung) rechtmäßig hätten erfolgen können.
Sammelauskunftsersuchen möglich
Mit § 93 Abs. 1a AO hat der Gesetzgeber Sammelauskunftsersuchen unter der Voraussetzung ermöglicht, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlung besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen.
1.3 Kontrollmitteilungen außerhalb des Außenprüfungsbereichs
Aus der in § 194 Abs. 3 AO getroffenen Regelung ergibt sich lediglich die aufgrund ihrer Bedeutung gesetzlich besonders hervorgehobene Berechtigung zur Erteilung von Kontrollmitteilungen. Hieraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, in anderen Fällen wäre dadurch die Erteilung von Kontrollmitteilungen ausgeschlossen. Kontrollmitteilungen stellen vielmehr eine ressortinterne Amtshilfe dar, die keiner gesetzlichen Grundlage bedarf.
1.4 Auskunftsverweigerungsrechte
§ 194 Abs. 3 AO enthält keine Einschränkungen hinsichtlich der Verwertung von Kontrollmaterial in Fällen, in denen der geprüfte Steuerpflichtige – würde die Finanzverwaltung bei ihm eine Auskunft einholen – ein Aussageverweigerungsrecht hätte. Im Schrifttum wird dagegen teilweise die Auffassung vertreten, dass die Fertigung von Kontrollmitteilungen zu unterbleiben hat, soweit der Steuerpflichtige ein Auskunftsverweigerungsrecht hat. Folgt man dieser Rechtsauffassung und beruft sich der Steuerpflichtige auf sein Auskunftsverweigerungsrecht, kollidiert er jedoch u. U. mit § 160 AO, der einem Betriebsausgabenabzug ohne Empfängerbenennung entgegensteht.
Der BFH hat diese Rechtsfrage bislang offen gelassen, jedoch entschieden, dass das FA den Steu...