Rz. 51a
Grundsätzlich gelten die für die Einzelbilanzanalyse beschriebenen Erweiterungen der Analyse auch für die Konzernebene mit Konzernlagebericht und dem integrierten Konzernnachhaltigkeitsbericht. Dies gilt umso mehr, als dass die Befreiungsmöglichkeit eines Tochterunternehmens von der Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich einfacher geht, als von dem Lagebericht. Somit dürfte in vielen Fällen auch künftig nur der Konzernnachhaltigkeitsbericht vorliegen, was die Analyse des Konzerns noch sinnvoller erscheinen lässt.
Wird eine reine ökonomisch handelnde Investorin bzw. ein rein ökonomisch handelnder Investor unterstellt, werden nichtfinanzielle Daten aus einem Konzernnachhaltigkeitsbericht als Vorlaufindikatoren für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Relevanz haben. Bei einem zumindest in Ansätzen effizienten Kapitalmarkt werden Käuferinnen bzw. Käufer und Verkäuferinnen bzw. Verkäufer bei der jeweiligen Wertfindung die zukünftigen Zahlungsströme des Unternehmens für die eigene Wertfindung heranziehen. Sollten durch auf den Konzern zurückschlagende Auswirkungen (externalisierte Effekte) Reduktionen der Zahlungsströme erwartet werden, etwa aufgrund eines Boykottaufrufs wegen schlechter Arbeitsbedingungen oder hoher Umweltverschmutzung, werden die ökonomisch handelnden Investorinnen und Investoren diese quantitativ berücksichtigen. Soziale und ökologische Daten werden somit zu Chancen- und Risikoinformationen und entsprechend für diese rein ökonomisch orientierte Gruppe entscheidungsnützlich. Diese Risiko- und Chancenbetrachtung kann bis hin zu einer Prüfung des Geschäftsmodells auf Basis von Konzernnachhaltigkeitskennzahlen reichen. Abb. 3 verdeutlicht die grundsätzliche Wirkung.
Abb. 3: Ergänzung der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen durch Einbezug weiterer Informationen
Wird dagegen von einer Investorin bzw. einem Investor ausgegangen, die bzw. den unabhängig von den finanziellen Betrachtungen ökologische und soziale Aspekte interessieren, so können diese Daten der Nachhaltigkeitserklärung im Verhältnis zu den finanziellen Daten eine gleichwertige oder sogar beherrschende Bedeutung haben. Die Praxis zeigt, dass diese Analyseinteressierten existieren und von den Unternehmen berücksichtigt werden, indem sie schon in der Vergangenheit freiwillig investororientierte Berichte ergänzt mit sozialen und ökologischen Aspekten veröffentlichten.
Fremdkapitalgeber können bisher tendenziell mit ihren Interessen an Nachhaltigkeitserklärungen eher mit der Gruppe der rein ökonomisch handelnden Investorinnen und Investoren verglichen werden. Schon alleine aufgrund der aufsichtsrechtlichen Vorgaben zum Risikomanagement sind sie gehalten, ökonomische Aspekte bei Kreditvergabeentscheidungen zu berücksichtigen. Soziale und ökologische Aspekte kommen hier i. d. R. nur als Vorlaufindikatoren für die finanziellen Werte in Betracht, wobei das Kreditengagement häufig kurzfristiger angelegt ist und, anders als bei den Wertänderungen der Investition im Eigenkapital, Fremdkapitalgeber lediglich das Verzugs- und Ausfallrisiko haben. Somit sind langfristig absehbare Probleme aufgrund eines z. B. nicht nachhaltigen Geschäftsmodells bei kurz- und mittelfristigen Kreditvergabeentscheidungen weniger relevant. Allerdings muss nach den aus den Basel II-Regelungen resultierenden Mindestanforderungen an das Risikomanagement die Geschäftsleitung eines Kreditinstituts eine Kreditrisikostrategie festlegen, die quasi als Eingangskontrolle für alle Kreditanfragen fungiert. Wenn hierin bestimmte Branchen oder Unternehmensaktivitäten aus ökologischen, ethischen oder strukturellen Gründen ausgeschlossen werden, ggf. auch, damit die Bank die eigenen Normen und Vorgaben für die Nachhaltigkeitserklärung erfüllt, fungieren diese Daten dann für die kreditnachfragenden Unternehmen wie K. o.-Kriterien. Jedoch wird das Interesse von Fremdkapitalgebern vermehrt durch Regulierungen wie insbesondere die OffenlegungsVO beeinflusst. Hierdurch wird u. a. die Offenlegung von Nachhaltigkeitskennzahlen über getätigte Investitionen gefordert und allgemein soll über die Strategie zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in Investitionsentscheidungen bzw. Anlageberatungs- oder Versicherungsberatungstätigkeiten berichtet werden. Des Weiteren führen bereits einige Finanzinstitute nachhaltigkeitsbezogene Ziele ein, die nur erfüllt werden können, wenn Nachhaltigkeitskriterien in Kredit- und Investitionsentscheidungen einbezogen werden. Hieraus folgen neue Informationsanforderungen für Unternehmen, die auf Fremdkapitalgeber angewiesen sind.
Für die weiteren Stakeholder als Informationsadressatinnen und -adressaten der Nachhaltigkeitserklärung dürften höchst unterschiedliche Interessen gelten, sodass auch die Analyse in Abhängigkeit von den jeweiligen Interessen fallweise stärker auf finanzielle, soziale oder ökologische Aspekte ausgerichtet sein wird.
Rz. 51b
Die Informationsqualität des Konzernnachhaltigkeitsberichts hängt ganz allgemein betra...