Prof. Dr. Peter Leibfried, Nils Klamar
Am Anfang jeder Planung steht die Festlegung der zukünftigen Umsätze. Dies ist sowohl der einfachste wie auch komplexeste Teil:
- einfach, weil sich aus der Multiplikation von Menge und Preis freilich keine Herausforderung ergibt,
- komplex, weil eben genau diese beiden Größen zahlreichen Einflüssen unterliegen und sehr stark von externen, meist nicht beeinflussbaren Effekten abhängig sind.
Zeithorizont und Situation des Unternehmens sind entscheidend
Was die idealen Basisgrößen sind, um die zukünftigen Umsätze zu schätzen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Einerseits wird die Umsatzschätzung umso unzuverlässiger, je weiter man sich in die Zukunft bewegt. Unterschiedliche Zeithorizonte benötigen also unterschiedliche Umsatzindikatoren. Andererseits hängt die Zuverlässigkeit der Schätzung auch davon ab, in welchem Lebenszyklus sich das Produkt befindet (s. Abb. 1). Die Prognose ist i. d. R. für ein junges Unternehmen oder neue Produkte deutlich schwerer zu erstellen als für etablierte Produkte oder Unternehmen im eingeschwungenen Zustand. Letztere weisen regelmäßig deutlich geringere Schwankungen in den Umsätzen auf, zudem können sie auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zurückgreifen.
2.1.1 Die kurzfristigen Umsätze
Kurzfristige Umsätze sind recht zuverlässig planbar
In der Regel recht zuverlässig planbar sind die kurzfristigen Umsätze. Dabei ist der Auftragsbestand häufig der beste Indikator. Anhand von Bestellmengen, Preis- und Rabattvereinbarungen lässt sich der voraussichtliche Umsatz recht genau ermitteln. Sind aufgrund des Geschäftsmodells keine Auftragsbestände vorhanden, lassen sich für die ersten zwölf Monate der Planung die Umsätze oftmals anhand der Historie unter Berücksichtigung saisonaler und konjunktureller Einflüsse recht gut abschätzen. Der Umsatz des Monats Mai entspricht dann beispielsweise dem Umsatz des Vorjahresmonats, zuzüglich des erwarteten Wachstums. Weitere Indikationen geben Rahmenverträge oder vertraglich vereinbarte Mindestabnahmemengen. In einigen Branchen ist auch die Errechnung einer "Churn-Rate" (Abwanderungsrate von Bestandskunden) hilfreich. Diese gibt Auskunft über die künftig mit Bestandskunden realisierbaren Umsätze.
Know-how der Mitarbeiter nutzen
Zur Plausibilisierung der getroffenen Annahmen sind Interviews mit Mitarbeitern des Vertriebs empfehlenswert. Diese kennen das Bestellverhalten ihrer Kunden oftmals sehr genau und wissen um die Risiken, die sich aus auslaufenden Verträgen ergeben. So gelangen auch solche Informationen in die Planung, die in der IT nicht erfasst sind. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass gerade Vertriebsmitarbeiter oftmals einer ganz besonderen Anreizstruktur unterliegen und beispielsweise zu Zeiten von Zielverhandlungen den Markt eher konservativ einschätzen werden.
Abb. 1: Umsatzindikatoren in Abhängigkeit von Lebenszyklus und Zeithorizont
2.1.2 Die mittelfristige Umsatzplanung
Steigende Unsicherheit im Zeitablauf
Auf mittelfristige Sicht betrachtet wird die Umsatzplanung auch bei etablierten Unternehmen bereits schwieriger. Wenn die Auftragsbestände nicht über Jahre hinweg reichen, müssen andere Informationen an deren Stelle treten. Die Fortschreibung der Vergangenheit mit moderaten Wachstumsraten ist ein in der Praxis häufig anzutreffendes Verfahren. Das ist in der Planungserstellung als Arbeitshypothese auch durchaus vertretbar, sollte jedoch zumindest nicht unreflektiert in die finale Unternehmensplanung eingehen.
In jedem Fall werden die Umsätze des etablierten Unternehmens durch Konjunkturzyklen beeinflusst. Je nach Branche reagieren die Umsätze unterschiedlich sensitiv auf Schwankungen im wirtschaftlichen Umfeld. Insofern empfiehlt es sich für die Erstellung der Mittelfristplanung, Wachstumsprognosen von Wirtschaftsinstituten in die Überlegungen mit einzubeziehen. Weiterhin sollten absehbare Veränderungen im Marktumfeld berücksichtigt werden. In aller Regel finden auch in gesättigten Märkten in der einen oder anderen Form (technologische) Innovationen statt. Produktionsorientierte Innovationen können Wettbewerbern Kostenvorteile verschaffen. Diese können dann auch in deren Absatzpreisen Niederschlag finden, was alle Anbieter zu Preissenkungen zwingt. Produktorientierte Innovationen verschieben die Nachfrage auf andere Produkte oder Wettbewerber.
2.1.3 Die Langfristplanung
Langfristiger Übergang in die Strategieplanung
Der Umsatz aus der langfristigen Planung lässt sich letzten Endes aus zwei Fragen ableiten: "Wie wächst der Markt?" und "Wie entwickelt sich mein Marktanteil?" Die Planung geht an dieser Stelle von der reinen technischen Prognose über in strategische Fragestellungen. Die Marktform sowie soziale, politische oder demografische Faktoren gewinnen an Bedeutung.
2.1.4 Produkt und Branche wirken auf die Planung
Planung in Abhängigkeit des Produktlebenszyklus
Für das junge Unternehmen bzw. ein neues Produkt lassen sich bereits die kurzfristigen Umsätze deutlich weniger zuverlässig planen. Die kurzfristige Umsatzplanung kann hier sogar von der Erfolgswahrscheinlichkeit der Verhandlungen mit ersten Kunden abhängig sein....