Leitsatz
Veranstaltet eine Bank regelmäßig in eigener Verantwortung Reisen, die sie den Kunden als Banksonderreisen ausschließlich in ihren Geschäftsräumen anbietet und die ausschließlich über sie gebucht werden können, erfolgt die jeweils kostenlose Teilnahme des Bankmitarbeiters, der die Reise betreut, im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der Bank. Es liegt kein als geldwerter Vorteil zu versteuernder Arbeitslohn vor.
Sachverhalt
Ein Kreditinstitut veranstaltete innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren sechs sog. Banksonderreisen zu verschiedenen Reisezielen weltweit (u.a. nach Kanada und Südafrika). Die Reisen, die zwischen 7 und 14 Tagen dauerten, wurden ausschließlich in den Geschäftsräumen der Bank beworben und konnten nur über sie gebucht werden. An den Reisen nahm jeweils ein Bankmitarbeiter teil, der für organisatorische Fragen und die Betreuung der Teilnehmer während der Reisen zuständig war. Über den Ablauf der Reise wurde vom Mitarbeiter Protokoll geführt. Die Teilnahme war für den Bankmitarbeiter kostenlos; eine Anrechnung der Reisetage auf den Jahresurlaub des Mitarbeiters erfolgte seitens des Arbeitgebers nicht.
Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung sah das zuständige Finanzamt in der kostenlosen Reiseteilnahme der Bankangestellten einen geldwerten Vorteil und erhob darauf Lohnsteuer. Die Bank erhob nach erfolglosem Einspruch gegen diese Entscheidung Klage vor dem FG.
Entscheidung
Das FG setzte sich mit dem Sachverhalt eingehend auseinander und kam nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass die Teilnahme der Bankmitarbeiter im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers erfolgte. Trotz objektiver Bereicherung des Arbeitnehmers, so das FG, liegt kein Arbeitslohn vor, wenn es sich um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenen Interesse des Zuwendenden handelt. Davon war im vorliegenden Fall auszugehen, da sich der Vorteil bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellt. Ein privates Eigeninteresse der Arbeitnehmer an der Begleitung der Reisen konnte zwar nicht gänzlich verneint werden; dieses tritt jedoch gegenüber dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers eindeutig zurück.
Der Lohnsteuerbescheid wurde daher durch das FG aufgehoben.
Hinweis
Trotz der in diesem konkreten Fall recht eindeutigen Entscheidung des FG gibt das Urteil Arbeitgebern sicherlich keinen Freibrief für die Zuwendung kostenloser Reisen an Arbeitnehmer. Ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten der Steuerzahler waren die ausführlichen Dokumentationen, die von den teilnehmenden Arbeitnehmern rund um die jeweilige Reise erstellt wurden. Dadurch konnte nachgewiesen werden, dass die Veranstaltungen für die Bankangestellten keine reine Vergnügungsreise darstellten, sondern durchaus als Arbeit anzusehen waren. In vergleichbaren Fällen muss daher darauf geachtet werden, dass die teilnehmenden Arbeitnehmer die berufliche Veranlassung der Reise in ähnlich sorgfältiger Weise dokumentieren.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.2005, 10 K 222/02