Rainer Jung, Dr. Andreas Suter
Erweiterte Definition von Geschäftsprozess
Mithilfe des Blackbox-Ansatzes sind autonome sowie klar voneinander abgegrenzte Prozesskaskaden entstanden. Diesen lassen sich alle notwendigen Ressourcen und Informationen zuordnen, die für die Auftragserstellung erforderlich sind. In diesem Licht muss die oftmals in Literatur und Praxis anzutreffende Geschäftsprozessdefinition, dass ein Geschäftsprozess eine sachlogische Abfolge von betrieblichen Tätigkeiten bzw. Aktivitäten mit dem Ziel eines klar festgelegten Outputs zur Erzeugung von Kundennutzen ist, erweitert werden.
Der Geschäftsprozess besitzt einen bestimmten Leistungsumfang, ist durch einen spezifischen Auslöser als Input, z. B. Beauftragung, und ein entsprechendes Ergebnis als Output, z. B. Lieferung, bestimmt, ist wiederholbar, fügt Mehrwert am Prozessobjekt hinzu, hat einen durchgängig verantwortlichen Prozesseigner und verfügt über alle notwendigen Ressourcen und Informationen.
Prozessauftrag als Kostenträger
Dieses Verständnis des Geschäftsprozesses ist objektorientiert und impliziert, dass alle zur Erfüllung des Auftrags notwendigen Ressourcen dem Prozess zugeordnet sind – sei es, dass sie schon vorliegen oder vom Prozess noch beschafft werden. Im Hinblick auf die Implementierung einer prozessorientierten Kostenrechnung lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen (vgl. Abb. 5):
- Der Geschäftsprozess ist die Wertschöpfungsbasis und legt die frei wählbare Struktur der Kostenstellen entlang der Teilprozesse fest.
- Die notwendige Differenzierung der Kostensätze bestimmt die Granularität der Kostenstellen entlang der Geschäftsprozesse.
- Der Prozessauftrag ist Wert- und Kostenträger, d. h., der Prozessauftrag besitzt einen internen Verrechnungspreis mit zugeordneten Kosten.
Leistungserbringende Kostenstelle
Dies bedeutet, dass die primären und sekundären Kosten den Geschäftsprozessen über die eindeutig zugeordneten, sog. "leistungserbringenden" Kostenstellen zugeordnet werden. Dabei ist zunächst offen, ob es sich jeweils um eine einzige oder mehrere Kostenstellen je Geschäftsprozess handelt. Entscheidend sind zum einen der Differenzierungsbedarf der Kostensätze sowie der Controllingbedarf nach Abweichungsanalysen (Ursachen für Unter- oder Überdeckungen).
Eindeutige Zuordnung der Kostenstelle erforderlich
In der Praxis wird die Einführung der prozessorientierten Leistungs- und Kostenrechnung erschwert, wenn die Kostenstellen den Geschäftsprozessen nicht eindeutig zugeordnet sind, beispielsweise die Kostenstelle nur selektiv entlastet wird oder mehreren Geschäftsprozessen mit artverschiedenen Leistungen zudient, oder die resultierenden Abweichungen den Ergebnisrechnungen unterschiedlicher Leistungsträger zugewiesen werden müssen. Artverschiedene Leistungen – und seien es nur Prozessvarianten – sollen daher in differenzierten Kostensätzen, d. h. durch unterschiedliche Kostenstellen berücksichtigt werden.
Abb. 5: Geschäftsprozess mit eindeutig zugewiesenen Kostenstellen und Kostenträgern zur Belastung von Prozessaufträgen