Rainer Jung, Dr. Andreas Suter
Leistungsverrechnung zur Klärung der Verantwortlichkeiten
Mit dem Blackbox-Ansatz werden mit den Geschäftsprozessen nicht nur die Rollen und Verantwortlichkeiten im Wertschöpfungsverbund geklärt, sondern auch beispielsweise die Erzeugung von Kundennutzen. Der Beitrag und die Verantwortlichkeiten in der Erzeugung von Unternehmenswert werden ebenfalls festgelegt. Insbesondere geht es um die Frage, wer welchen Beitrag zum Unternehmensergebnis leistet und wer ggf. welche Abweichungen verantwortet. Die auftragsbezogene Leistungsverrechnung zwischen den Geschäftsprozessen schafft hierfür die nötige Transparenz (vgl. Abb. 10).
Abb. 10: Belastung und Verrechnung der Prozessaufträge
Für die Leistungsverrechnung zwischen 2 Geschäftsprozessen stehen grundsätzlich drei praxistaugliche Wertansätze zur Verfügung, nämlich Planwert aus der Kalkulation, effektiver Istwert (zu Standardkostensätzen) und gleitender Durchschnitt. Je nach geschäftlichem Kontext wirken sie sich unterschiedlich auf die Rollenteilung und Verantwortlichkeiten zwischen "Auftraggeber" und "Auftragnehmer" aus. Die Wahl des Verrechnungsverfahrens ist ein Mittel, die Verantwortlichkeit für das Prozessergebnis zu schärfen. Plan-Ist-Abweichungen in den Kosten lassen sich grundsätzlich dem Auftraggeber bzw. Auftragnehmer anlasten (vgl. Abb. 11).
Abb. 11: Prozessrelevanz der Verrechnungsverfahren
Verrechnung von Istkosten
Beim Maschinenbauer war im Komponentengeschäft mit sehr häufigen kundenspezifischen Anpassungen die Verrechnung der Istkosten (Fall 1) ein geeigneter Ansatz, um die Istkosten dem Verkaufserlös direkt zuzuordnen, zumal das (intern) auftragnehmende Werk in der Angebotsphase nicht einbezogen wurde; der Aufwand für eine detaillierte (Kosten-)Planung wäre zu groß. Dagegen ist der (intern) auftraggebende Kundenbetreuer in der Lage, mithilfe von einfachen Regeln die zu erwartenden Mehr- bzw. Minderkosten kundenindividueller Anpassungen (Dimensionsänderungen, Materialänderungen usw.) gegenüber einem Standardprodukt ausreichend genau zu schätzen.
Verrechnung der Plankosten
In Ergänzung zum Komponentengeschäft betrieb der Maschinenbauer auch einen Anlagenbau. Die Größe, die technische Komplexität und die einhergehenden finanziellen Risiken eines Auftrags verlangten bereits in der Angebotsphase detaillierte technische und kalkulatorische Planung durch den (internen) Auftragnehmer. Die Komplexität einer Anlage hätte die technischen Kompetenzen des Kundenbetreuers überstiegen. Demnach wurden in der Angebotsphase Plankosten fixiert; die im Anlagenbau häufig anfallenden Istabweichungen hatten grundsätzlich beim Auftragnehmer zu verbleiben. Mit dieser Regelung wurde der interne Auftragnehmer analog wie ein externer Lieferant behandelt (Fall 2). Ein Teil der Abweichungen war darauf zurückzuführen, dass die Plankalkulation selbst oder das zugrunde liegende technische Konzept ungenügend waren; ein anderer Teil war auf nicht verrechnete Änderungsbegehren des Kunden zurückzuführen. Infolge des auftragnehmerseitigen Risikos war der Auftragnehmer motiviert, vor Ausführung eines Änderungsbegehrens einen Zusatzauftrag, welcher auf einer erneuten Plankalkulation basierte, einzufordern.