Leitsatz

Werden vom Anteilseigner einer Körperschaft beim FA Steuerbescheinigungen über anzurechnende KSt vorgelegt, um die Erfassung anzurechnender KSt als Kapitaleinkünfte sowie deren Anrechnung zu erreichen, und stellt sich nach Durchführung eines Klageverfahrens heraus, dass diese Bescheinigungen entgegen der Auffassung des FA wirksam waren und mit der materiellen Rechtslage in Einklang standen, dann belegen jene Bescheinigungen die anzurechnende KSt auch dann, wenn sie in der Zwischenzeit seitens der Körperschaften gegenüber dem FA widerrufen oder korrigiert worden sind. Gleichermaßen sind auch "tatsächliche Verständigungen" zwischen den Körperschaften und den jeweiligen Betriebs-FÄ darüber, dass die den anzurechnenden KSt zugrunde liegenden Gewinnausschüttungen steuerrechtlich als Darlehen zu behandeln seien, nicht geeignet, die Anrechnung zunichte zu machen.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 3, § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG 1997, § 44 Abs. 4 KStG 1999, § 74 FGO

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Anerkennung eines sog. Rücklagenmanagements zur Realisierung von KSt-Guthaben im Zusammenhang mit dem Systemwechsel vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren und hierbei zur Vermeidung der Vernichtung jener Guthaben. Streitjahr ist 2000. Konkret geht es um das BFH-Urteil vom 28.06.2006, I R 97/05 (BFH-PR 2006, 495) über die Revision des FA gegen das Zwischenurteil des FG Münster vom 19.08.2005, 9 K 5138/02 K, F (EFG).

Die Klägerin begehrt nunmehr – nach Ergehen des vorbezeichneten BFH-Urteils – die erklärungsgemäße Veranlagung, insbesondere die Berücksichtigung der anzurechnenden KSt gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG 1999 und § 8 Abs. 1 KStG 1999, wie sie durch die Bescheinigungen der ausschüttenden Körperschaften gem. § 44 Abs. 1 und 2 KStG 1999 bescheinigt worden sind.

Das FA lehnt dies ab. Die Steuerbescheinigungen gem. § 44 Abs. 1 und 2 KStG 1999 seien zwar ausgestellt und von der Klägerin auch vorgelegt worden. Zwischenzeitlich seien diese Bescheinigungen jedoch von den Beteiligungsgesellschaften gem. § 44 Abs. 4 KStG 1999 gegenüber dem FA durch berichtigte Bescheinigungen ersetzt worden. Folglich sei die Klage abzuweisen.

Das FG hat das Klageverfahren gem. § 74 FGO ausgesetzt und der Klägerin aufgegeben, innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Aussetzungsbeschlusses Nachweise darüber vorzulegen, dass sie die Erteilung von Steuerbescheinigungen i.S.v. § 44 Abs. 1 KStG 1999 über die im Streitjahr von den Beteiligungsgesellschaften vereinnahmten Gewinnausschüttungen verlangt und – soweit die Erteilung von solchen Bescheinigungen von den Gesellschaften abgelehnt worden ist – gerichtlich geltend gemacht hat (EFG 2006, 205).

 

Entscheidung

Dagegen wehrte sich die Klägerin erfolgreich mit ihrer Beschwerde. Die vom FG angenommene Aussetzungssituation bestehe nicht.

Indem die Klägerin seinerzeit wirksame und – wie jetzt nach Ergehen des BFH-Urteils I R 98/07 feststehe – auch materiell-rechtliche "richtige" Anrechnungsbescheinigungen vorgelegt habe, seien diese auch weiterhin zu beachten und lösten die KSt-Anrechnung aus.

 

Hinweis

1. Ein kurzer, aber nachhaltiger "Nachklapp" zu einem Urteil des BFH, das Ihnen in BFH-PR 2006, 495 vorgestellt worden ist, nämlich das Urteil vom 28.06.2006, I R 97/05.

Darin ging es um eine Ausweggestaltung zur "Mobilisierung" von KSt-Guthaben durch ein sog. Rücklagenmanagement. Im Einzelnen sei auf die dort gegebenen Praxis-Hinweise Bezug genommen.

2. Die Klägerin hatte seinerzeit vor dem BFH Erfolg gehabt; die KSt war danach anzurechnen.

Allerdings hatten einige der Beteiligungsgesellschaften, deren KSt-Guthaben "mobilisiert" worden waren, im Lauf des Klage- und Revisionsverfahrens "schlapp" gemacht und "Nerven" gezeigt: Sie hatten die Steuerbescheinigungen, die von ihnen ursprünglich der Klägerin zum Zweck der KSt-Anrechnung ausgehändigt worden waren, zurückgezogen. Z.T. hatten sie sich auch gewissermaßen zulasten der Klägerin mit den jeweiligen FÄ auf einen "Deal" eingelassen und statt Gewinnausschüttungen die steuerliche Annahme von Darlehensverhältnissen akzeptiert.

3. Wie dem auch sei:

Das FG, an das die Sache nunmehr vom BFH zurückverwiesen worden war, erließ wider Erwarten keine abschließende Entscheidung, sondern es setzte das Klageverfahren zunächst aus:

Der Anrechnung von KSt beim Anteilseigner sei nach der wirksamen Erteilung berichtigter Steuerbescheinigungen nicht mehr die ursprünglich vorgelegte, sondern die berichtigte Steuerbescheinigung als die letzte maßgebende Wissenserklärung einer Körperschaft zugrunde zu legen.

Soweit sich die Rechtsauffassung der Körperschaft hinsichtlich der Art der von ihr erbrachten Leistung geändert habe, so könne sie eine entsprechende Korrektur der Steuerbescheinigung vornehmen.

Die Klägerin sei gehalten, sich solche korrigierten Bescheinigungen zu verschaffen, ggf. auf zivilrechtlichem Klageweg.

4. Der BFH folgt dem erklärtermaßen nicht.

Die Voraussetzungen ...

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