Leitsatz
Zusammen veranlagte Eheleute bilden beim Sonderausgabenabzug eine Einheit. Das gilt jedoch nicht für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage zur Kürzung des Vorwegabzugs. In diese Bemessungsgrundlage dürfen Einnahmen eines beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers aus nichtselbstständiger Tätigkeit, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, für die Kürzung des Vorwegabzugs nicht einbezogen werden.
Sachverhalt
Der Ehemann ist im Jahr 2000 als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH tätig und erzielte Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 72.000 DM. Diese unterlagen nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Eine Anwartschaft auf Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung bestand nicht. Die Ehefrau war in dem von ihrem Ehemann daneben geführten Büro angestellt und unterlag der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. In ihrer Steuererklärung machten die Eheleute abzugsfähige Sonderausgaben in Höhe von über 30.000 DM geltend. Das Finanzamt kürzte den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in voller Höhe um 12.000 DM auf 0 DM. In die Bemessungsgrundlage für die Kürzung bezog es auch den Arbeitslohn des Ehemanns ein.
Entscheidung
Das Finanzamt hat bei der Kürzung des Vorwegabzugs zu Unrecht den Arbeitslohn des Ehemanns berücksichtigt. Die Berechnung ist insoweit fehlerhaft, soweit als Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs der zusammengerechnete Arbeitslohn beider Ehegatten zugrunde gelegt worden ist. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bemisst sich die Bemessungsgrundlage nur nach dem Arbeitslohn der Ehefrau. Für Vorsorgeaufwendungen ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG zusätzlich ein Vorwegabzug von 6.000 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten erhöht sich dieser Betrag auf 12.000 DM, Diese Beträge sind um 16 % der Summe der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit zu kürzen, wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden oder der Steuerpflichtige zum Personenkreis des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG gehört. Demzufolge ist hier nur der Arbeitslohn der Ehefrau in die Kürzung des Vorwegabzugs einzubeziehen. Für sie wurden Zukunftssicherungsleistungen erbracht. Dagegen gehört der Ehemann nicht zu diesem Personenkreis. Für ihn wurden auch keine Zukunftssicherungsleistungen erbracht.
Das Finanzamt durfte den Arbeitslohn des Ehemanns in die Kürzung des Vorwegabzugs nicht einbeziehen. Es verwechselt den den Ehegatten gemeinsamen zustehenden Vorwegabzug in Höhe von 12.000 DM mit der Bemessungsgrundlage für die Kürzung. Die Bemessungsgrundlage bei Ehegatten ist keine Gemeinsame.
Hinweis
Der Vorwegabzug soll selbstständig Tätigen einen Ausgleich dafür bieten, dass bei nichtselbstständig Tätigen der gesetzliche Beitragsanteil des Arbeitgebers zur Altersversorgung als steuerfreier Arbeitslohn behandelt wird, während der selbstständig Tätige seine Beiträge zur Altersversorgung in voller Höhe selbst aufbringen muss. Als Gesellschafter-Geschäftsführer ist der Ehemann sozialversicherungsrechtlich kein Arbeitnehmer. Er wird mithin einem Selbstständigen gleichgestellt. So muss auch er seine gesamte Altersvorsorge aus eigenen Mitteln erbringen. Nur wenn der Arbeitslohn des Ehemanns nicht in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs einbezogen wird, kann der Begünstigungszweck der Regelung erreicht werden. Das FG hat die Revision zugelassen, weil es höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob die Regelung in R 106 Satz 3 EStR 2001 der Gesetzeslage entspricht und diese Regelung schon für Streitjahre vor 2001 anzuwenden ist. Sobald Sie von dieser Regelung betroffen sind, empfiehlt es sich, gegen den Steuerbescheid Einspruch einzulegen und Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zu stellen.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.09.2003, 2 K 281/02