Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßige Notwendigkeit einer wirksamen Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung für Versorgungszusage des GmbH-Geschäftsführers. Treuwidrige Berufung auf fehlende Beschlussfassung einer betrieblichen Versorgungszusage. Vorbehaltsurteil bei rechtswegfremden, aufgerechneten Forderungen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versorgungszusage an einen GmbH-Geschäftsführer muss eine wirksame Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung zugrundeliegen. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung folgt aus einer Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG (Anschluss an BGH 25. März 1991 - II ZR 169/90).
2. Der Gesellschaft ist es aus Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine fehlende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung zur Einräumung einer Versorgungszusage an den (Gesellschafter-) Geschäftsführer zu berufen, wenn die Versorgungszusage bereits vor dem 25. März 1991 erteilt wurde, die Zusage in Übereinstimmung mit der vormaligen BGH-Rechtsprechung durch den alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer selbst unter Nutzung der Vertretungsmacht nach § 35 Abs. 1 GmbHG erteilt wurde und der Geschäftsführer im Vertrauen auf den Bestand der Versorgungszusage den Aufbau einer anderweitigen angemessenen Altersvorsorge unterlassen hat.
3. Über zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Forderungen darf das angerufene insoweit rechtswegunzuständige Gericht nicht selbst entscheiden. Es ist ein Vorbehaltsurteil zu erlassen.
Normenkette
GmbHG §§ 35, 46 Abs. 2, § 48 Abs. 1, § 51 Abs. 1; BGB § 141; ZPO § 92 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 14.02.2018; Aktenzeichen 30 Ca 4624/17) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.02.2018 (30 Ca 4624/17) teilweise abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.009,31 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.03.2017.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahren erster Instanz zu 80 % und die Beklagte zu 20 % zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des Landgerichts S. entstanden sind, die der Kläger vollständig zu tragen hat. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu 58 % und die Beklagte zu 42 % zu tragen.
IV.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
V.
Die Entscheidung über die Aufrechnungen der Beklagten mit den Gegenforderungen
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aus dem Verrechnungskonto 1... iHv. 3.670,24 EUR,
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hilfsweise aus einem von der P. E. GmbH abgetretenen Darlehensrückzahlungsanspruch iHv. 60.939,40 EUR,
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hilfsweise aus einem von der T. B. GmbH abgetretenen Darlehensrückzahlungsanspruch (Darlehenskontonummer 1...) iHv. 20.531,05 EUR,
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hilfsweise aus einem von M. S. Besitzunternehmen abgetretenen Darlehensrückforderungsanspruch iHv. 11.555,65 EUR,
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hilfsweise aus einem von der P. H. GmbH teilweise iHv. 40.790,23 EUR abgetretenen Darlehensrückzahlungsanspruch aus der Vereinbarung vom 26.03.2015
bleibt vorbehalten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf eine betriebliche Altersversorgung.
Der am ... 1939 geborene Kläger war langjähriger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Beklagten.
Die Beklagte, vormals noch firmierend unter E. M.-C.-Handels GmbH wurde 1974 ursprünglich errichtet von der Ehefrau des Klägers Frau E. S. und deren Bruder Herrn W. B.. Das Stammkapital von damals 20.000,00 DM wurde gehalten von Frau E. S. iHv. 19.500,00 DM und Herrn W. B. iHv. 500,00 DM. Zum 14. Mai 1980 fand ein Gesellschafterwechsel statt. Der Kläger erwarb die Anteile des Herrn B. vollständig sowie einen Teil der Anteile seiner Ehefrau. Der Kläger hielt fortan, auch nach einer mit Gesellschafterbeschluss vom 2. September 1982 erfolgten Kapitalerhöhung auf 63.000,00 DM, 60 % der Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft. Seine Ehefrau hielt 40 % der Anteile. Nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahre 2009 war der Kläger Alleingesellschafter. Im Zuge des Gesellschafterwechsels wurde der Kläger am 11. November 1980 als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer neben seiner Ehefrau in das Handelsregister eingetragen. Zugleich wurde in das Handelsregister eingetragen, dass der Kläger befugt sei, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst oder mit von ihm vertretenen Dritten uneingeschränkt zu vertreten. Dem lag ein dem Registergericht vorgelegter Gesellschafterbeschluss vom 14. Mai 1980 (Bl. 66 der LAG-Akte) zugrunde. Am 29. Dezember 2009 wurde neben dem Kläger, der bereits am 24. August 2004 einen Schlaganfall erlitten hatte und sich nachfolgend Herzoperationen hat unterziehen müssen, sein Sohn M. S. zum Geschäftsführer bestellt mit Alleinvertretungsberechtigung. Mit Wirkung zum 3...