Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenz. Annahmeverzugsansprüche nach Widerspruch gegen Betriebsübergang. Nachteilsausgleichsanspruch nach Betriebsübergang. Übertragung einer betrieblichen Altersversorgung
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 615 S. 2 BGB ist der anderweitige Verdienst auf die Vergütung für die gesamte Dauer des Annahmeverzugs und nicht nur auf die Vergütung für den Zeitabschnitt anzurechnen, in dem der Arbeitnehmer seine Dienste anderweitig verwendet hat. Allerdings ist eine vollständige Anrechnung des gesamten anderweitigen Erwerbs regelmäßig nur dann möglich, wenn der Annahmeverzug beendet ist.
Normenkette
BGB §§ 615, 613a; BetrVG § 113; ZPO § 91a
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 07.10.2003; Aktenzeichen 1 Ca 213/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 07. Oktober 2003 – Az. 1 Ca 213/02 wird abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1 eine Masseverbindlichkeit im Insolvenzverfahren 8 IN 194/02, Amtsgericht Freiburg, zusteht
- auf Vergütung für August 2002 in Höhe von EUR 3810,00 brutto abzüglich vom Arbeitsamt erbrachter EUR 1492,20 netto,
- auf vermögenswirksame Leistungen für August 2002 in Höhe von EUR 23,52 brutto, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Bruttodifferenz- bzw. Bruttobetrag seit 15.09.2002
- auf Vergütung für September 2002 in Höhe von EUR 3928,11 brutto abzüglich vom Arbeitsamt erbrachter EUR 1446,20 netto,
- auf vermögenswirksame Leistungen für September 2002 in Höhe von EUR 23,52 brutto, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Bruttodifferenz- bzw. Bruttobetrag seit 15.10.2002,
- auf Vergütung für Oktober 2002 in Höhe von EUR 725,29 brutto abzüglich vom Arbeitsamt erbrachter EUR 241,00 netto,
- auf vermögenswirksame Leistungen für Oktober 2002 in Höhe von EUR 23,52 brutto, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Bruttodifferenz- bzw. Bruttobetrag seit 15.11.2002,
- auf vermögenswirksame Leistungen für November 2002 in Höhe von EUR 23,52 brutto,
- auf Jahressonderzahlung November 2002 in Höhe von EUR 1080,00 brutto, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Bruttodifferenz- bzw. Bruttobetrag seit 15.12.2002,
- auf Jahressonderzahlung April 2003 in Höhe von EUR 1080,00 brutto, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Bruttodifferenz- bzw. Bruttobetrag seit 15.05.2003,
- auf Urlaubsabgeltung wegen nicht genommenem Urlaub 2002 in Höhe von EUR 815,85 brutto nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Bruttodifferenz- bzw. Bruttobetrag seit 15.06.2003.
3. Auf die Summe der Ansprüche aus Ziffer 2 a bis j) hat der Kläger sich anderweitigen Erwerb in Höhe von insgesamt EUR 1028,94 brutto anrechnen zu lassen.
4. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
5. Die Kosten erster Instanz trägt der Kläger zu 90 %, der Beklagte zu 1 zu 10 %, die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Zusammenhang mit einer Firmeninsolvenz über Masselohnansprüche, die Übertragung einer Direktversicherung, über einen Nachteilsausgleich, Ansprüche auf eine Sozialplanabfindung, die Urlaubsabgeltung und die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters.
Der am 21.09.1956 geborene und einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger/Berufungskläger war bei der erstinstanzlich als Beklagte zu 3 verklagten Firma H GmbH, der Insolvenzschuldnerin, seit 01.09.1972 als Betriebswirt in der kaufmännischen Verwaltung angestellt. Sein monatliches Bruttoentgelt belief sich auf 3810,00 Euro, er war zuständig für die Erstellung der Lohnabrechnungen, den Einkauf, den Fuhrpark und die Gerätewirtschaft. Die Firma H GmbH hatte zuletzt 80 Arbeitnehmer beschäftigt. Ihr Tätigkeitsfeld war ausweislich des Handelsregisters die Durchführung von Bauvorhaben aller Art im Hoch-, Tief- und Stahlbetonbau, einschließlich der Erstellung schlüsselfertiger Bauvorhaben. Die Mitarbeiter des Unternehmens hatten einen Betriebsrat gewählt.
Nachdem über das Vermögen der Beklagten zu 3 Insolvenz angemeldet worden war, wurde am 30.04.2002 der Beklagte zu 4/Berufungsbeklagte zu 2 als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig. Da er die Löhne für die Monate April bis Juni 2002 nicht mehr zahlen konnte, wurden diese über Insolvenzgeld zwischenfinanziert.
Mit Beschluss vom 01.07.2002 wurde über das Vermögen der Beklagten zu 3 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem Beklagten zu 1/Berufungsbeklagten zu 1 wurde die Funktion des Insolvenzverwalters übertragen. Mit Schreiben vom 01.07.2002 an das Insolvenzgericht beantragte er die Einsetzung eines Gläubigerausschusses, veranlasste die Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit und stellte die Arbeitnehmer von der Arbeit frei. In der Gläubigerversammlung vom 12.09....