Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsanhörung bei Betriebsschliessung durch den Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (redaktionell)

Erklärt der Insolvenzverwalter, er wolle allen Mitarbeitern mit der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist zum nächstzulässigen Kündigungstermin kündigen, so genügt diese Mitteilung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Weitere Angaben zur Konkretisierung der Kündigungsfrist oder des Kündigungstermins sind jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Insolvenzverwalter unter Einhaltung der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist zum nächstzulässigen gesetzlichen oder tariflichen Kündigungstermin wegen bevorstehender Betriebsstillegung kündigen will und diese Kündigungsfrist nicht länger ist als die Höchstfrist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2; InsO § 113 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 13.03.2002; Aktenzeichen 1 Ca 4161/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 13.03.2002 (1 Ca 4161/00) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 28.537,28 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Beklagten und über seine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Tiefbauarbeiter sowie über Lohnansprüche für die Monate Januar bis Dezember 2001.

Der Beklagte ist durch Beschluß des Amtsgerichts Bochum vom 01.09.2000 (80 IN 207/00) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma P… Sp… GmbH & Co. KG, Sp…-Straße 16, 46711 Datteln (Insolvenzschuldnerin), bestellt worden. Die Insolvenzschuldnerin war im Rohrleitungs- und Tiefbau tätig, hatte ihre Hauptniederlassung in Datteln und unterhielt Zweigniederlassungen in Frankfurt/Main, Tuttendorf bei Freiberg (Sachsen), Magdeburg, Dortmund, Essen, Düsseldorf, Monheim bei Langenfeld (Rheinland), Landsberg bei Halle (Saale) und Mühlberg bei Gotha (Thüringen). Sie beschäftigte ca. 500 Arbeitnehmer.

Von der Insolvenzschuldnerin ist der Kläger im Jahre 1997 nach vierjähriger Unterbrechung des bereits in den 80er Jahren begründeten Arbeitsverhältnisses als Tiefbauarbeiter neu eingestellt worden. Mit seinen Stammdaten wurde er der Hauptniederlassung Datteln zugeordnet. In der Zeit vom 15.03.2000 bis 10.05.2000 und in der Zeit vom 11.09.2000 bis 23.10.2000 war er für die Niederlassung Dortmund tätig. Ab dem 25.10.2000 war er arbeitsunfähig krank. Zuletzt erzielte der Kläger einen Monatslohn von 4.750,00 DM brutto.

Am 19.10.2000 fand in Datteln eine Sitzung des Gesamtbetriebsrats statt, an welcher neben dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden M… (zugleich Vorsitzender des Betriebsrates Datteln), der stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende R… (zugleich Betriebsratsvorsitzender des Betriebsrates Frankfurt), die Gesamtbetriebsratsmitglieder G… (Betriebsrat Datteln), D… (Betriebsrat Datteln), G… (Betriebsrat Frankfurt), der Beklagte als Insolvenzverwalter sowie seine Mitarbeiterin H… und sein Mitarbeiter E…, sein Prozeßbevollmächtigter Rechtsanwalt Dr. de A… und der Gewerkschaftssekretär R… (Gewerkschaft IG Bau) teilgenommen haben. In dem Sitzungsprotokoll heißt es:

Die Herren M… und R… teilen zunächst mit, dass sie von den Betriebsräten der P… Sp… GmbH & Co. KG aus Datteln und Frankfurt beauftragt und bevollmächtigt seien, die Anhörung nach § 102 BetrVG für die beabsichtigten Kündigungen durchzuführen. Sie teilten ferner mit, dass sie beauftragt und bevollmächtigt seien, die Informationen der beabsichtigten Massenentlassung nach § 17 Abs. 2 entgegenzunehmen. Sie erklärten ferner, dass sie die Angelegenheiten mit ihren örtlichen Betriebsräten eingehend erörtern und sie insgesamt informieren werden. Weiter erklären sie, dass der Gesamtbetriebsrat sich für zuständig erklärt.

Sodann informierte Herr Z… über den aktuellen Stand des Verfahrens und teilte abermals mit, dass er gezwungen sei, den Betrieb stillzulegen, da sämtliche Verkaufsbemühungen gescheitert seien. Aus diesem Grunde werden Neuaufträge ab dem 01.11.2000 nicht mehr angenommen. Es ist daher beabsichtigt, sämtlichen Mitarbeitern zu kündigen. Die Kündigungen werden vor Ablauf des Monats ausgesprochen, nicht jedoch vor Mittwoch, den 25.10.2000. Das frühestmögliche Ende der Arbeitsverhältnisse ist für den 30.11.2000 festgelegt, und zwar auch dann, wenn einzelne Arbeitnehmer kürzere Kündigungsfristen aufweisen.

Herr Z… bot die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Nach Beantwortung sämtlicher aufgeworfener Fragen übergab Herr Z… eine Liste, die sämtliche zu kündigenden Arbeitnehmer nebst Sozialdaten der Arbeitnehmer aufweist. Gekündigt wird hiernach sämtlichen Mitarbeitern der Fa. P… Sp… GmbH & Co. KG. Soweit besondere Zustimmungen erforderlich sind, z.B. bei Schwerbehinderten, wird die Kündigung erst nach Vorlage dieser Zustimmungen ausgesprochen werden.

Im Anschluss an die Übergabe im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG informierte Herr Z… über die anstehende Masse...

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