Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertkatalog für die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit. Abschätzung des wirtschaftlichen Interesses bei einer Klage auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitwert einer Klage auf Festlegung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer Klage nach § 8 TzBfG auf Abgabe einer Zustimmungserklärung zu der gewünschten Festlegung der Lage der Arbeitszeit ist mit einem Bruttomonatsgehalt angemessen bewertet. (Rn. 14 - 17)
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit verbunden im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bei bestimmten typischen Fallkonstellationen hat die auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichtete Streitwertkommission Vorschläge erarbeitet, die im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte niedergelegt sind.
2. Als vermögensrechtliche Streitigkeit und mangels besonderer Streitwertvorschriften ist für den Streitwert einer Klage auf Annahme eines Angebots auf Änderung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei an dem Bestand der Arbeitsbedingungen zu abzuschätzen.
Normenkette
TzBfG § 8; GKG § 48 Abs. 1; ZPO § 3; RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 31.05.2023; Aktenzeichen 9 Ca 9694/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägervertreterin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 31.05.2023 - 9 Ca 9694/22 - wird gebührenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers begehrt im Beschwerdeverfahren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für das Verfahren zur Berechnung der Anwaltsgebühren.
Die Parteien stritten über die Verteilung der von 120 auf 108 monatlichen Stunden reduzierten Arbeitszeit nach dem TzBfG, und zwar montags bis donnerstags beginnend ab 05:00 Uhr bis spätestens 15:30 Uhr, freitags beginnend ab 05:00 Uhr bis spätestens 13:45 Uhr und samstags, sonntags und feiertags beschäftigungsfrei. Der Kläger wurde bis zu seinem Antrag in Schicht- bzw. Wechselschichtarbeit eingesetzt. Das Verfahren wurde in einem Vergleich in einem anderen Verfahren vor dem Arbeitsgericht München miterledigt.
Auf Antrag der Klägervertreterin hat das Arbeitsgericht München durch Beschluss vom 31.05.2023 - 9 Ca 9694/22 - den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren auf eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung von 2.600,00 € festgesetzt. Dies rechtfertige sich aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall lediglich um die Arbeitszeitverteilung, nicht auch über die Arbeitszeitreduzierung gestritten worden sei.
Gegen den ihr am 01.06.2023 zugestellten Beschluss hat die Klägervertreterin am selben Tage im eigenen Namen Beschwerde eingelegt und beantragt, den Gegenstandswert für das Verfahren auf drei Bruttomonatsvergütungen i. H. v. insgesamt 7.800,00 € festzusetzen. Es sei dem Kläger bei seinem Antrag in erster Linie um die Lage der Arbeitszeit gegangen, damit er sein Kind hätte betreuen können. Die Bedeutung der Sache für ihn rechtfertige keinen Abschlag gegenüber der Klage auf Reduzierung der Arbeitszeit.
Durch Beschluss vom 12.07.2023 hat das Arbeitsgericht München der Beschwerde der Klägervertreterin nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt. Ein "Abschlag" sei nicht erfolgt. Auch eine Klage auf Reduzierung der Arbeitszeit wäre im Anschluss an LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2018 - 5 Ta 35/18 - bei einer Reduzierung um nur zwölf Stunden im Monat grundsätzlich mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten gewesen. Darüber hinaus werde für einen Beschäftigungsanspruch im laufenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein Bruttomonatsentgelt festgesetzt.
Die Klägervertreterin hat im Beschwerdeverfahren ihren Vortrag wiederholt und vertieft. Bei der Festsetzung des Gegenstandswert sei auch das ideelle Interesse des Klägers an der Entscheidung zu berücksichtigen. Die angestrebte Vertragsänderung wäre immens gewesen. Es habe ein atypischer Fall vorgelegen, der eine Festsetzung von drei Bruttomonatsgehältern rechtfertige.
Im Übrigen wird für das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft. Die Gegenstandswertfestsetzung im Urteilsverfahren richtet sich im Fall des Vergleichsabschlusses nach § 33 RVG. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 RVG, dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck des in § 33 RVG geregelten Verfahrens der "Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren" (vgl. LAG München, Beschluss vom 06.06.2023 - 3 Ta 59/23 - Rn. 39 ff.).
2. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG. Der Beschwerdewert ist erreicht, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG.
3. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Die seit dem 01.06.2023 für Gegenstands- und Streitwertbeschwerden zuständige Kammer gibt die von ih...