Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechungswirkung. Insolvenzeröffnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht trotz § 68 ArbGG wegen trotz Unterbrechung des Verfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten ergangenen erstinstanzlichen Urteils

 

Normenkette

ZPO §§ 240, 249

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen 11 Ca 11164/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23. November 2006 – 11 Ca 11164/06 – aufgehoben.

II. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht München zurückverwiesen.

III. Zur Klarstellung wird festgestellt, dass das Endurteil vom 23. November 2006 wirkungslos und das Verfahren unterbrochen sind.

IV. Das Arbeitsgericht München hat nach Fortsetzung des Rechtsstreits auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden; Gerichtskosten, die durch den Erlass des Endurteils vom 23. November 2006 und durch das Berufungsverfahren entstanden sind, werden nicht erhoben.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Berufung strebt der Kläger die Aufhebung und primär die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht wegen Unterbrechung des Verfahrens aufgrund Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils an.

Mit seiner mit Klageschriftsatz vom 05.08.2006 zum Arbeitsgericht München erhobenen Leistungsklage machte der Kläger gegenüber der Beklagten als behaupteter Arbeitgeberin Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Zeitraum vom 20.04.2006 bis 31.07.2006 sowie auf Meldung dieser Lohnforderungen an die Gemeinnützige Urlaubskasse des bayerischen Baugewerbes, Erteilung einer Arbeitsbescheinigung zur Vorlage bei der Bundesagentur für Arbeit und einer Urlaubsbescheinigung u. a. geltend. Die Beklagte bestreitet ihre Passivlegitimation, da ein Herr G., mit dem der Kläger einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben wolle, von ihr hierzu nicht bevollmächtigt gewesen sei.

Die Beklagte hatte bereits mit Klageerwiderungsschriftsatz vom 22.08.2006 im erstinstanzlichen Verfahren darauf hinweisen lassen, dass sie – nachdem sie plötzlich mit einer Reihe von Lohnforderungen konfrontiert worden sei – deshalb Insolvenzantrag gestellt habe. Mit Beschluss des Amtsgerichts München – Insolvenzgericht – vom 16.11.2006 (Bl. 71/72 d. A.) wurden mit Wirkung vom selben Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet und Frau Rechtsanwältin H., München, zur Insolvenzverwalterin bestellt. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 23.11.2006 wies das Arbeitsgericht München mit Endurteil vom selben Tag, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.12.2006 in ausgefertigter Form zugestellt wurde, die als zulässig angesehene Klage in der Sache mit der Begründung ab, dass diese mangels Passivlegitimation der Beklagten unbegründet sei, da die Person G., die den Kläger eingestellt habe, unbekannten Aufenthaltsorts sei, und der Kläger auch nicht dartun habe können, dass die Beklagte diesen bevollmächtigt gehabt habe, den Kläger zu den behaupteten Konditionen einzustellen oder überhaupt Einstellungen vorzunehmen, und auch die Grundsätze der Duldungsvollmacht nicht ins Blickfeld geraten könnten.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers mit Schriftsatz vom 15.01.2007, am 17.01.2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er vorgetragen hat, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten durch Beschluss des Amtsgerichts München – Insolvenzgericht – vom 16.11.2006 das erstinstanzliche Verfahren unterbrochen und deshalb die mündliche Verhandlung und die Verkündung des Urteils durch das Arbeitsgericht danach am 23.11.2006 unzulässig gewesen seien. Allerdings sei ein trotz Unterbrechung erlassenes Urteil nicht nichtig, sondern als damit verfahrenswidrig ergangen in jedem Fall aufzuheben und der Rechtsstreit in die erste Instanz zurückzuverweisen, was auch unter Berücksichtigung von § 68 ArbGG möglich sei. Nach § 249 Abs. 1 ZPO habe die Berufungsfrist nicht zu laufen begonnen, weshalb die Berufung nicht verfristet sei.

Der Kläger beantragt,

das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23.11.2006 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

Wegen des Vortrags des Klägers im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 15.01.2007 und vom 26.01.2007 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15.03.2007 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die zulässige Berufung ist der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht München zurückzuverweisen.

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

1. Zwar war das Verfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten aufgrund ihres Eigenantrages mit Beschluss des Amtsgerichts München – Insolvenzgericht – vom 16.11.2006 (1506 IN 2556/06, Bl. 71/72 d. A.) unterbrochen (§ 240 Satz 1 ZPO) – und zwar insgesamt, da jedenfalls die gegen die Beklag...

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