OFD Frankfurt, Verfügung v. 15.10.2003, S 2230 A - 71 - St II 2.01
1. Allgemeines
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist es zulässig, bei der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 oder 5 EStG für Grund und Boden anstelle der Anschaffungskosten den Teilwert anzusetzen, sofern dieser auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Davon zu unterscheiden ist stets der gemeine Wert. Nach § 9 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.
Bei dem Bilanzposten „Grund und Boden” bilden die einzelnen im Grundbuch eingetragenen mit einer Flurstücknummer versehenen Grundstücke selbstständige Wirtschaftsgüter, da jedes für sich Gegenstand des Rechtsverkehrs sein kann (vgl. BFH, Urt. vom 29.9.1971, I R 195/69, BStBl 1972 II S. 13). Damit kann sich eine Teilwertabschreibung auch auf einzelne Parzellen beziehen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Grundstück im Einzelfall seine Eigenschaft als selbständiges Wirtschaftsgut verliert (vgl. BFH, Urt. vom 6.12.1978, 1 R 33/75, BStBl 1979 II S. 259).
Nach ständiger BFH-Rechtsprechung besteht bei Wirtschaftsgütern, die nicht der Abnutzung unterliegen, die Vermutung, dass sich der Teilwert mit den Anschaffungskosten deckt (vgl. BFH, Beschl. vom 12.8.1998 – IV B 4/98, BFH/NV 1999 S. 305m.w.N.). Diese Vermutung, die auch für spätere Bewertungsstichtage gilt (vgl. BFH, Urt. vom 4.12.1991, I R 148/90, BStBl 1992 II S. 383), kann durch den Nachweis widerlegt werden, dass entweder die Anschaffung eine Fehlmaßnahme darstellte oder dass der Wert des betreffenden Wirtschaftsguts dauerhaft unter den seinerzeit gezahlten und aktivierten Betrag gesunken ist (vgl. z.B. BFH, Urt. vom 21.7.1982 – I R 177/77, BStBl 1982 II S. 758).
2. Nachweis des niedrigeren Teilwerts
Begehrt der Steuerpflichtige eine Teilwertabschreibung, so hat er die objektive Beweislast für einen niedrigeren Teilwertansatz (vgl. BFH, Urt. vom 24.6.1976 – IV R 101/75, BStBl 1976 II S. 562). Er hat den begehrten Wertansatz durch aussagefähige Unterlagen nachzuweisen. Dazu kann er sich auf Vergleichsverkäufe beziehen bzw. ein auf die konkrete Fläche bezogenes Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen vorlegen. Es reicht nicht aus, wenn der Steuerpflichtige den begehrten niedrigeren Teilwertansatz mit einer allgemeinen Kaufpreisminderung für landwirtschaftliche Flächen und der wirtschaftlichen Gesamtsituation in der Landwirtschaft begründet, denn die Preise für landwirtschaftliche Grundstücke unterliegen ebenso wie die anderen Immobilienpreise marktbedingten Schwankungen, so dass allein die Tendenz fallender Bodenpreise die Annahme einer dauernden Wertminderung nicht rechtfertigt (vgl. BMF-Schreiben vom 25.2.2000, IV C 2 – S 2171b – 14/00, BStBl 2000 I S. 372).
Ist ein ermittelter Preisrückgang jedoch als nachhaltiger Preisverfall anzusehen, so kann nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder von einer dauerhaften Wertminderung ausgegangen werden.
Ob ein aus der Veräußerung von Einzelflächen abgeleiteter Vergleichswert dem Teilwert entspricht oder überhaupt eine Teilwertabschreibung rechtfertigt, kann nur anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls festgestellt werden. Dazu muss zunächst geprüft werden, inwieweit ein Vergleich der Flächen von der Ertragsfähigkeit, der Lage, der Größe, der Flächenform oder ihrem Kulturzustand her möglich ist. Ausgehend von diesem Wert (regelmäßig gemeiner Wert) ist anhand der besonderen Verhältnisse des Betriebs des Steuerpflichtigen nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Teilwert zu ermitteln. Legt der Steuerpflichtige ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen vor, so muss dieses detailliert auf die Gegebenheiten des Betriebs und auf die von dem Teilwertansatz betroffenen Flächen eingehen. Für die Prüfung, ob es sich bei dem im Gutachten ausgewiesenen Wert um den Teilwert handelt, kann es sinnvoll sein, den Amtlichen Landwirtschaftlichen Sachverständigen in die Prüfung einzubeziehen. Ist der Zeitraum zwischen dem Kauf der Fläche und der beabsichtigten Teilwertminderung kurz, ist der Antrag des Steuerpflichtigen besonders eingehend zu prüfen.
Hat der Steuerpflichtige bereits im Zeitpunkt des Erwerbs einen sehr hohen, über dem ortsüblichen liegenden Kaufpreis gezahlt, so deutet diese Tatsache darauf hin, dass bestimmte betriebliche Umstände der Grund dafür waren, die auch bei der Teilwertfeststellung zu berücksichtigen sind. Diese Gründe können darin bestehen, dass die erworbene Fläche günstig zum Betrieb oder zu weiteren Eigen- oder Pachtländereien gelegen ist (z.B. bei einer Arrondierung) oder der Landwirt wegen betrieblicher Verhältnis...