Leitsatz
Werden Beratungsleistungen von einer Personengesellschaft für Zwecke ihres Unternehmens in Anspruch genommen, so liegt eine Leistung der Gesellschaft im Weg einer "Weitergabe" an einen ihrer Gesellschafter nur dann vor, wenn hierfür (auch) private Gründe des Gesellschafters vorliegen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 , § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993
Sachverhalt
Die Klägerin, eine oHG, nahm aufgrund eines Beratungsvertrags Beratungsleistungen ihres früheren Gesellschafters A in Anspruch. Diese Beratungsleistungen – Kenntnisse und Fähigkeiten aus seiner bisherigen Tätigkeit für die Gesellschaft – sollten seinem Sohn C zugute kommen. C hatte im Weg der vorweggenommenen Erbfolge den Mitunternehmeranteil des A übertragen bekommen. Durch die Beratungsleistung sollte C seine volle unternehmerische Tätigkeit entfalten können. Die Vergütung an A ging in voller Höhe zulasten des Gewinnanteils von C.
Während das Finanzamt den Vorsteuerabzug der oHG verneinte, da nicht die Gesellschaft, sondern alleine C Leistungsempfänger sei – so noch die Regelung des alten Beratungsvertrags –, bejahte zwar das FG den Vorsteuerabzug bei der oHG, nahm aber in gleicher Höhe Umsatzsteuer aus der Leistung "Weitergabe der Beratungsleistung" an C an. Gegenleistung sei der Gewinnverzicht gewesen.
Entscheidung
Der BFH verneint einen Leistungsaustausch zwischen der oHG und dem Gesellschafter C mangels Leistung. Hierzu hätte es nur dann kommen können, wenn der Gesellschafter C als Endverbraucher die Beratungsleistung von seiner Gesellschaft zugewendet bekommen hätte. Hiervon könne aber nur ausgegangen werden, wenn neben den verfolgten unternehmerischen Zwecken für die oHG auch noch private Zwecke des C mit dieser Beratung hätte verfolgt werden können. Mangels Leistung brauchte der BFH auf die Frage einer Gegenleistung infolge Gewinnverzichts nicht mehr eingehen.
Hinweis
In der Umsatzsteuer ist auch die Personenvereinigung unternehmerrechtsfähig. Folglich kann die Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern auch in eine Leistungsbeziehung treten. Leistungen des Gesellschafters an seine Gesellschaft sind nach allgemeiner Auffassung dann steuerbar, wenn der Gesellschafter für seine Leistung ein sog. Sonderentgelt erhält, die Leistung also nicht durch seine Beteiligung am Gewinn und Verlust abgegolten wird. Im umgekehrten Fall liegt ein Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter dann vor, wenn dem Gesellschafter ein wirtschaftlicher Vorteil zugewendet wird. Die hiermit zusammenhängende Frage ist immer dann von Bedeutung, wenn die von der Gesellschaft empfangene Leistung unmittelbar dem Gesellschafter nutzt.
Der vorliegende Fall hatte daher die Frage zu klären, ob eine Beratungsleistung, die eigentlich den Gesellschafter erst in die Lage versetzen sollte, unternehmerisch tätig sein zu können, von der Gesellschaft an ihn weiter geleistet worden ist. Zu Recht hat der BFH unter Beachtung des Charakters der Umsatzsteuer als allgemeiner Endverbrauchersteuer zunächst den Gesellschafter als für die Gesellschaft handelndes Organ gesehen. Folglich dient die Leistung zunächst dem unternehmerischen Zweck der Gesellschaft. Nur wenn darüber hinaus der Gesellschafter auch noch einen privaten Zweck mit dieser Beratungsleistung verfolgt, kann davon gesprochen werden, dass er als Endverbraucher von seiner Gesellschaft diese Leistung weitergereicht bekommen hat.
Der Vorsteuerabzug aus der Beratungsleistung musste daher konsequenterweise bei der oHG ungeschmälert verbleiben. Offen geblieben ist dagegen, ob der vereinbarte Gewinnverzicht Gegenleistung sein kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.2.2001, V R 7/00