Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Im Rahmen der Flüchtlingshilfe führen Einrichtungen, die ansonsten ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, auch Leistungen gegenüber Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern aus. Fraglich ist, in welchem Umfang diese Leistungen ebenfalls einer Steuerbegünstigung unterworfen werden können.
Grundsätzlich kann die nationale Finanzverwaltung umsatzsteuerrechtlich keine Ausnahmeregelungen zu den gesetzlichen Vorschriften treffen, da insoweit die Vorgaben des Unionsrechts gelten.
Die Finanzverwaltung hat aber im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme Vereinfachungen für Einrichtungen erlassen, die Leistungen auch gegenüber Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern ausführen.
Es wird nicht beanstandet, wenn Steuerbegünstigungen (z. B. Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 18, 23, 24 oder 25 UStG oder Ermäßigung des Steuersatzes nach § 4 Nr. 12 Buchst. 8 UStG), die Einrichtungen für andere Leistungen in Anspruch nehmen können (z. B. für Leistungen gegenüber Obdachlosen) auch für Leistungen gegenüber Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern anwenden.
Die Steuerbegünstigung des § 4 Nr. 18 UStG soll auch dann gelten, wenn die Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber nicht zu dem nach der Satzung der Einrichtung begünstigten Personenkreis gehören. Darunter fallen auch Personalgestellungsleistungen zwischen begünstigten Einrichtungen untereinander zum Zweck der Flüchtlingshilfe sowie die Lieferung von Speisen und Getränken in Flüchtlingsunterkünften, soweit die Einrichtung ansonsten steuerfreie Mahlzeitendienste erbringt.
- Der Kostenersatz, den begünstigte Einrichtungen von Gebietskörperschaften für den Bezug von Einrichtungsgegenständen und sonstigen Leistungen (z. B. Renovierungsleistungen) erhalten, fällt aus Billigkeitsgründen ebenfalls unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG, wenn sich dies im Rahmen eines Gesamtvertrags (z. B. über die Errichtung und Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft) ergibt. Wenn solche Leistungen außerhalb eines Gesamtbetreibervertrags ausgeführt werden, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG nicht angewendet werden. Soweit die Voraussetzungen erfüllt sind, kann aber der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG angewendet werden.
Konsequenzen für die Praxis
Die Billigkeitsregelungen gelten für die Veranlagungszeiträume 2014–2018.
Möchte die Einrichtung die Billigkeitsmaßnahme in Anspruch nehmen, muss sie dies für alle gleichartigen Leistungen einheitlich tun.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 9.2.2016, III C 3 - S 7130/15/10001/IV C 4 - S 0185/15/10001 :001, BStBl 2016 I S. 223