LfSt Bayern v. 15.5.2009, S 7117.1.1 - 5 St 34 M
1. § 45h Telekommunikationsgesetz (Dienstleistungskommission)
Nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22.6.2004 (BGBl 2004 I S. 1190), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18.2.2007 (BGBl 2007 I S. 106), besteht für die Betreiber eines Telekommunikationsdienstes (sog. Teilnehmernetzbetreiber, z.B. Deutsche Telekom AG) die Pflicht, auch über Leistungen anderer Netzbetreiber (sog. Verbindungsnetzbetreiber) im Interconnectionsverfahren oder anderer Diensteanbieter abzurechnen.
Die Abrechnung muss die Voraussetzungen des § 45h Abs. 1 TKG erfüllen (Ausweis der auf andere Anbieter entfallenden Entgelte, sowie Endkunde Angabe deren Namen und Telefonnummern). Wird diese Abrechnungsform genutzt, gelten nach § 45h Abs. 4 TKG für Zwecke der Umsatzsteuer die Leistungen der Verbindungsnetzbetreiber (VNB) oder Diensteanbieter (DB) als vom Teilnehmernetzbetreiber (TNB) in eigenem Namen und für fremde Rechnung an den Endkunden erbracht. Entsprechendes gilt, wenn mehrere Verbindungsnetzbetreiber zwischengeschaltet werden.
Damit werden durch das TKG die tatbestandlichen Voraussetzungen der Dienstleistungskommission im Sinne des § 3 Abs. 11 UStG herbeigeführt, mit der Folge, dass die Leistung vom VNB oder DB an den TNB, und vom TNB an den Endkunden erbracht gilt.
2. Das Interconnectionsverfahren
Nach dem TKG muss jeder TNB den Nutzern ermöglichen, auch einen anderen Verbindungsnetzbetreiber für die Übermittlung der Signale wählen zu können. Dabei kann der Nutzer die Leistungen des VNB entweder dauerhaft („Preselection”) oder auch fallweise („CallbyCallSelection”) in Anspruch nehmen. Die Abrechnung der Leistungen des VNB wird in der Regel vom TNB übernommen (s.o., Abrechnungspflicht lt. TKG). Der VNB und der TNB arbeiten somit zusammen (= sog. Interconnection). Wird die Leistung über den TNB abgerechnet, treten die Folgen des § 45h Abs. 4 TKG und des § 3 Abs. 11 UStG ein und die Leistung gilt als vom VNB an den TNB und von diesem an den Endkunden erbracht. Sowohl der VNB, als auch der TNB erbringen Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG, deren Ort sich damit nach § 3a Abs. 3 bestimmt.
3. Diensteanbieter von 0900-Nummern
Die 0900-Nummern haben schrittweise bis zum 31.12.2005 die bisherigen 0190-Rufnummern abgelöst. Die Diensteanbieter erbringen keine Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG, sondern andere „Inhaltsleistungen” (z.B. Informationsleistungen wie Verkehrs-, Wetter- oder Börsendaten). Diese Inhaltsleistungen fallen regelmäßig unter § 3a Abs. 3 und 4 UStG.
Erfolgt die Abrechnung auf dem oben beschriebenen Weg (Abrechnung durch den TNB), treten auch hier die Rechtsfolgen des § 45h Abs. 4 TKG und des § 3 Abs. 11 UStG ein. Die Leistung gilt damit als vom DB an den TNB und von diesem an den Endkunden erbracht. Diese Folge der Leistungskette tritt auch ein, wenn ein oder mehrere Verbindungsnetzbetreiber zwischengeschaltet werden.
Die Anwendung des § 45h Abs. 4 TKG und damit des § 3 Abs. 11 UStG und infolgedessen die Annahme der Leistungskette setzen grundsätzlich voraus, dass die Abrechnung des TNB in den Anwendungsbereich des TKG fällt. Wird der TNB mit der Abrechnung gegenüber dem Endkunden im Ausland, also außerhalb des Geltungsbereichs des TKG tätig, sind die Leistungsbeziehungen grundsätzlich anhand der tatsächlichen Vertrags- und Rechtslage zu bestimmen (Leistung des DB direkt an den Endkunden). Um bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eine etwaige mehrfache Umsatzsteuerbelastung zu vermeiden, kann nach bundeseinheitlich abgestimmter Auffassung die obige sog. Branchenlösung (= Annahme einer Leistungskette) auch angewandt werden, wenn § 45h TKG für den Teilnehmernetzbetreiber zwar nicht gilt, weil dieser im Ausland sitzt, der ausländische Staat aber im Einzelfall nachweislich entsprechend der Branchenlösung verfährt. Voraussetzung ist somit, dass entsprechend der Branchenlösung auch die Leistungen vorgeschalteter Verbindungsnetzbetreiber und Diensteanbieter durch den Teilnehmernetzbetreiber der Besteuerung unterworfen werden (Prinzip der Gegenseitigkeit); diese Voraussetzungen müssen im Einzelfall nachgewiesen werden.
4. Diensteanbieter von 0180-Nummern
Bei der Rufnummer 0180 teilen sich der Anrufer und der Inhaber der Rufnummer die Kosten des Gesprächs. Der TNB erbringt somit zwei Telekommunikationsdienstleistungen: an den Anrufer die Herstellung der Verbindung und an den Anbieter das Ermöglichen der bundesweiten ständigen Erreichbarkeit zu demselben Tarif.
Erfolgt die Abrechnung gegenüber dem Endnutzer wie oben dargestellt durch den TNB, treten auch hier die Rechtsfolgen des § 45h Abs. 4 TKG und des § 3 Abs. 11 UStG ein. Zusätzlich zu der Leistungskette DB an TNB und TNB an Endkunden tritt in diesem Fall die Telekommunikationsdienstleistung des TNB an den DB.
Fällt die Abrechnung des TNB an den Endkunden nicht in den Anwendungsbereich des TKG, gelten die Ausführungen unter 3. entsprechend.
Diese Ver...