Leitsatz
1. Für die zur Annahme einer Liebhaberei erforderliche Feststellung einer objektiv negativen Gewinnprognose sind die in der Vergangenheit erzielten Gewinne ohne Bedeutung. Am Ende einer Berufstätigkeit umfasst der anzustrebende Totalgewinn daher nur die verbleibenden Jahre.
2. Dauerhafte Verluste werden auch dann aus persönlichen Gründen hingenommen, wenn die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit den Abzug von Gehaltszahlungen an nahe Angehörige als Betriebsausgaben ermöglichen soll.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 EStG , § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Ein Arzt führte seine Einzelpraxis auch noch im hohen Alter fort. Wie in früherer Zeit behandelte er Personalkosten für seine Ehefrau und seine im Haushalt lebende Tochter als Betriebsausgaben. U.a. dadurch ergaben sich im Zusammenspiel mit immer weiter zurückgehenden Einnahmen Verluste aus der Praxis.
Das FA erkannte die Verluste schließlich nicht mehr an und ging von Liebhaberei aus. Darin wurde es vom FG bestätigt.
Entscheidung
Der BFH war ebenfalls der Meinung, es sei von Liebhaberei auszugehen, und wies die Revision des Arztes zurück. Die Gewinnprognose sei bei ständig sinkenden Einnahmen, aber kaum verminderten Betriebsausgaben negativ. Frühere Gewinne dürften nicht einbezogen werden. Die Verluste würden aus persönlichen Gründen hingenommen. Diese seien insbesondere in der Weiterbeschäftigung der Tochter zu sehen, deren Gehalt auch nach Praxiseinstellung für die Führung des Haushalts unverändert weitergezahlt worden sei.
Hinweis
1. Das Urteil beschäftigt sich mit dem nicht seltenen Fall, dass ein zunächst Gewinn erzielender Betrieb in einen Verlustbetrieb umschlägt. Bei dann andauernden Verlusten wird das FA irgendwann die Frage stellen, ob der Betrieb noch mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Darauf bekommt es dann meist die Antwort, die Verluste reichten doch noch lange nicht an die in früheren Jahren erwirtschafteten und versteuerten Gewinne heran. Deshalb müssten die Verluste auch steuerlich weiter anerkannt werden.
Dieser Argumentation widerspricht der BFH nun deutlich. Es ist ohne Bedeutung, in welchem Umfang und wie lange früher Gewinne erzielt worden sind. In dem Augenblick, in dem objektiv keine Gewinne mehr erwartet werden können und für die Hinnahme der Verluste persönliche Gründe ersichtlich sind, schlägt der Betrieb in eine Liebhaberei um. Die häufig erwähnte "Totalgewinnprognose" betrifft also nicht den Betrieb von seiner Gründung bis zu seinem Ende, sondern den Betrieb vom jeweils aktuellen Zeitpunkt an bis zu seinem zu erwartenden Ende.
Manchem mag eine solche Argumentation ungerecht vorkommen, denn in den Gewinnjahren verlangt der Fiskus Steuern und in der Verlustphase dürfen die Verluste nicht zum Ausgleich mit anderen positiven Einkünften genutzt werden. Das aber ist die Folge des Zwecks der Besteuerung, nämlich dem Staat Einnahmen zu beschaffen. Deshalb werden nur Einkunftsquellen berücksichtigt, die potenziell Gewinne und damit Steuern erwarten lassen.
2. Insbesondere bei Freiberuflern, deren Gewinn in hohem Maß auf ihren persönlichen Einsatz zurückgeht, wird altersbedingtes Nachlassen der Leistungsfähigkeit auch zu verminderten Einnahmen aus ihrem Beruf führen. Soll ein Umschlagen in Liebhaberei vermieden werden, bedarf es rechtzeitiger Anpassung der Betriebsausgaben an die sinkenden Einnahmen. Wie im Besprechungsfall können überhöhte Personalkosten Grund für die Entstehung von Verlusten sein. In Betracht kommen aber auch hohe Finanzierungskosten für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens und hohe Mieten für betrieblich genutzte Räume. Hier muss der steuerliche Berater rechtzeitig auf die Verlustentstehung hinweisen, damit Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen werden können.
3. Beachten Sie, dass das Umschlagen in eine Liebhaberei nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht zu einer Betriebsaufgabe führt. Der Betrieb bleibt weiter existent, das Betriebsvermögen ist weiter steuerverstrickt. Auch nach Jahren der Liebhaberei kann eine Betriebsaufgabe oder -veräußerung deshalb noch zur Entstehung eines Gewinns führen. Maßgeblich für die Gewinnberechnung sind die stillen Reserven, die beim Übergang zur Liebhaberei bestanden haben. Sie werden gewissermaßen "eingefroren" und deshalb nach § 180 Abs. 2 Satz 3 AO in Verbindung mit einer hierzu ergangenen Verordnung gesondert festgestellt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.2.2004, IV R 43/02