Grundsätzlich ist die bekannte und bewährte Lieferantenbeurteilung, die in vielen Einkaufsabteilungen durchgeführt wird, bereits der erste Schritt zur Überwachung der Lieferketten. Die Ausweitung der Kontrolle vom Lieferanten auf die gesamte Lieferkette und deren Umfeld sowie die Erhöhung der Beurteilungsfrequenz sorgen dafür, die Kennzeichen für eine mögliche Störung frühzeitig zu erkennen.
Das Vorhaben wird erschwert, da der enge Kontakt des Einkäufers zum Lieferanten verloren geht, wenn von lokaler bzw. regionaler Beschaffung auf globale Beschaffung umgestellt wird. Nur selten gibt es direkte Kontakte mit den Lieferanten und Transporteuren, oft sind Agenturen zwischengeschaltet, die eigene Ziele verfolgen. Die Kommunikation ist trotz digitaler Hilfsmittel schwierig. Das Umfeld im Herstellerland und auf den Transportwegen meist unbekannt und schwer einzuschätzen.
Um dennoch eine effektive Überwachung der globalen Lieferketten realisieren zu können, müssen die komplexe Informationsbeschaffung und schwierige Kommunikation durch systematische Strukturen unterstützt werden. Das kann mit umfangreicher digitaler Unterstützung geschehen (z. B. Industrie 4.0). Auf jeden Fall muss die Überwachung in vorhandene Controlling-Strukturen eingepasst werden.
Industrie 4.0/Internet of Things
Mit der digitalen Lösung im Rahmen von Industrie 4.0 werden innerhalb einer Wertschöpfungskette alle Lieferanten, Kunden und Distributoren durch digitale Schnittstellen verbunden. Dadurch wird es möglich, dass jeder Teilnehmer an dieser Zusammenarbeit, die weit über eine Lieferkette hinausgehen kann, Bestände, Planungen und aktuelle Zustände auf allen Stufen einsehen und für die eigene Disposition verwenden kann.
So wird es z. B. möglich, frühzeitig zu erkennen, dass der Hersteller von Halbleitern nicht in der Lage sein wird, den Vorlieferanten des eigenen Lieferanten mit ausreichenden Mengen zu versorgen. Das hat in gut funktionierenden Systemen von Industrie 4.0 sofortige Auswirkungen auf die eigene Disposition. Die aktuelle Verfügbarkeit kann also schnell festgestellt werden.
Reduzierung der Sicherheitsbestände erhöht das Risiko
Industrie 4.0 schafft für die globalen Lieferketten ein wesentliches Risiko. Der Aufwand für den Aufbau und die Pflege der digitalen Strukturen wird getrieben, um einen besseren Überblick über die Planungen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zu erhalten. Dadurch soll es möglich werden, Sicherheitsbestände an vielen Stellen der Wertschöpfungskette zu reduzieren. Das erhöht die Sensibilität der Lieferketten gegenüber Störungen.
Der Aufbau der digitalen Strukturen für Industrie 4.0 ist für viele kleine und mittlere Unternehmen noch immer zu komplex und zu teuer. Erst durch die weitere Entwicklung von Standardschnittstellen wird sich Industrie 4.0 auch in diesen Unternehmen verbreiten. Für die Überwachung der Lieferkette müssen solange andere Strukturen aufgebaut werden.
Erfahrungen des Einkäufers
Die Einkäufer in den kleinen und mittleren Unternehmen haben schon immer ihre Lieferketten überwacht und Risiken beobachtet. Leider ist diese Erfahrung nicht mehr ausreichend, wenn auf die globale Beschaffung umgestellt wird. Zu verschieden sind die Parameter, die auf die Sicherheit der globalen Lieferkette einwirken, gegenüber denen, die lokal oder regional wirken und bekannt sind. Hinzu kommt, dass der Kontakt zu den Produzenten in Asien, Afrika oder sonst auf der Welt nicht so eng und intensiv sein kann, wie der zu den bisherigen Partnern in München, den Niederlande, der Schweiz oder Polen.
Die notwendigen Inhalte der Überwachung globaler Lieferketten müssen ermittelt, die Entfernung zum Lieferanten muss überbrückt und die Geschwindigkeit der Entwicklungen muss berücksichtigt werden. Der Einkäufer muss neue Erfahrungen sammeln, kann dies erfolgreich nur mit systematischer Arbeit und Unterstützung des Controllings, das sich mit Risikoeinschätzungen und Überwachungen auskennt.
Systematische Strukturen
Systematische Strukturen auch zur Sammlung und Auswertung von Informationen sind einem Einkäufer nicht neu. Bei Angebotsvergleichen oder bei der Lieferantenbeurteilung entstehen Daten zur Preisentwicklung und Verfügbarkeit von Einkaufsgütern. Diese vorhandenen Strukturen müssen genutzt, ausgeweitet und ergänzt werden. So wird z. B. die eigene Erfahrung zur Preisentwicklung eines Gutes, die ja aus den Verhandlungen und Lieferungen sowohl für die absehbare Zukunft als auch für die Vergangenheit vorhanden ist, ergänzt um Informationen aus externen Quellen wie Börsen, Verbänden usw. Wichtig ist, einen möglichst großen Teil der Abläufe zu automatisieren, damit der Aufwand für die Überwachung nicht zu einem Vorwand wird, diese nicht engmaschig genug durchzuführen. Wenn es keine definierten Schnittstellen z. B. zur Bank oder zum Verband mit den gewünschten Inhalten gibt, können für die Automatisierung auch Apps eingesetzt werden, die vorzugebende Websites automatisch auslesen. Kontrolle ist jedoch notwendig.
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