OFD Rheinland, Verfügung v. 28.4.2006, S 2331 - 1000 - St 2
Der BFH hat mit dem Urteil vom 5.10.2005 (BStBl 2006 II S. 94) entschieden, dass ein angestellter Chefarzt mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht im stationären Bereich für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen i.d.R. Arbeitslohn bezieht, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden. Das inzwischen veröffentlichte Urteil ist in vergleichbaren Fällen anzuwenden. Der BFH bringt in den Urteilsgründen zum Ausdruck, dass die wahlärztlichen Leistungen selbstständig oder nichtselbstständig erbracht werden können. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Dabei ist insbesondere das Vorliegen bzw. das Fehlen der Unternehmerinitiative und des Unternehmerrisikos von Bedeutung. Für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit spricht Folgendes:
- Die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen gehört zu den vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben des Arztes gegenüber dem Krankenhaus.
- Die Verträge über die wahlärztlichen Leistungen werden unmittelbar zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus geschlossen.
- Der Arzt unterliegt – mit Ausnahme seiner rein ärztlichen Tätigkeit – den Weisungen des leitenden Arztes des Krankenhauses.
- Der Arzt erbringt die mit den wahlärztlichen Leistungen zusammenhängenden Behandlungen mit den Einrichtungen und Geräten des Krankenhauses.
- Neue diagnostische und therapeutische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bzw. Maßnahmen, die wesentliche Mehrkosten verursachen, können grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Krankenhaus eingeführt werden.
- Der Dienstvertrag sieht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen ausdrücklich vor, dass diese im Verhinderungsfall vom Stellvertreter übernommen werden.
- Der betroffene Arzt hat nur eine begrenzte Möglichkeit, den Umfang der wahlärztlichen Leistungen zu bestimmen.
- Sofern wahlärztliche Leistungen vereinbart werden, beziehen sich diese nicht speziell auf die Leistungen des liquidationsberechtigten Arztes, sondern auf die Leistungen aller an der Behandlung beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses.
- Der Arzt kann es nicht ablehnen, die mit dem Krankenhaus vereinbarten wahlärztlichen Leistungen zu erbringen.
- Das Risiko eines Forderungsausfalls, das der liquidationsberechtigte Arzt zu tragen hat, ist zu vernachlässigen, weil die Patienten regelmäßig krankenversichert sind.
- Das Krankenhaus rechnet über die wahlärztlichen Leistungen direkt mit den Patienten ab und vereinnahmt auch die geschuldeten Beträge.
- Die dienstvertraglichen Regelungen über die Abführung eines Nutzungsentgelts und einer Einzugsgebühr an das Krankenhaus sowie die Beteiligung der nachgeordneten Ärzte an den Honorareinnahmen bedeuten lediglich eine Einschränkung des Liquidationsrechts.
- Der Arzt trägt kein Verlustrisiko, denn die Einbehalte sind nur aus den tatsächlich realisierten Honorareinnahmen aufzubringen.
Demgegenüber sprechen folgende Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit:
- Die Erbringung der wahlärztlichen Leistung wird nicht gegenüber dem Krankenhaus geschuldet.
- Der liquidationsberechtigte Arzt vereinbart die zu erbringende wahlärztliche Leistung direkt mit den Patienten und wird hierdurch unmittelbar verpflichtet.
- Nur der liquidationsberechtigte Arzt haftet für die von ihm vorgenommenen wahlärztlichen Behandlungen.
- Der liquidationsberechtigte Arzt rechnet direkt mit den Patienten ab und vereinnahmt auch selbst die geschuldeten Beträge.
Nach den aufgezeigten Abgrenzungsmerkmalen liegen jedenfalls in folgenden Fällen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor:
- Der Vertrag über die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen wird zwischen dem Krankenhaus und den Patienten geschlossen. Die Liquidation erfolgt ebenfalls durch das Krankenhaus.
- Der Vertrag über die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen wird zwischen dem Krankenhaus und den Patienten geschlossen. Die Liquidation erfolgt aber durch den Arzt auf ein von ihm geführtes persönliches Konto.
- Der Vertrag über die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen wird zwischen dem Arzt und dem Patienten geschlossen. Die Liquidation erfolgt (im Namen und für Rechnung des Arztes) durch das Krankenhaus.
Der Krankenhausträger hat hier den LSt-Abzug vorzunehmen. Dabei ist es nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zulässig, als Arbeitslohn nur den Betrag anzusetzen, der dem Chefarzt nach Abzug der gesetzlich oder vertraglich geschuldeten und aus den Bruttoliquidationserlösen zu bestreitenden Zahlungen (u.a. Vorteilsausgleich, Kostenerstattung und Mitarbeiterbeteiligung) verbleibt. Denn der Anspruch des Chefarztes auf die Einnahmen aus dem Liquidationsrecht erstreckt sich nur auf den um die Abzugspositionen geminderten Betrag. Folglich stehen ihm die Einnahmen auch nur in dieser Höhe zur freien Disposition zur Verfügung.
Werden die Zahlungen regelmäßig geleistet (z.B. vierteljährlich) und liegt ihnen der g...