Kommentar

Der BFH[1] hat entschieden, dass ein angestellter Chefarzt mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht im stationären Bereich für gesondert berechenbare wahlärztliche Leistungen i.d.R. Arbeitslohn bezieht, wenn diese Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden. Das Urteil ist in vergleichbaren Fällen anzuwenden. Der BFH bringt darin zum Ausdruck, dass wahlärztliche Leistungen selbstständig oder nichtselbstständig erbracht werden können. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Dabei sind insbesondere Unternehmerinitiative und -risiko von Bedeutung. Für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit spricht Folgendes:

  • Die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen gehört zu den vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben des Arztes gegenüber dem Krankenhaus.
  • Die Verträge über die wahlärztlichen Leistungen werden unmittelbar zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus geschlossen.
  • Der Arzt unterliegt – mit Ausnahme seiner rein ärztlichen Tätigkeit – den Weisungen des leitenden Arztes des Krankenhauses.
  • Der Arzt erbringt die mit den wahlärztlichen Leistungen zusammenhängenden Behandlungen mit den Einrichtungen und Geräten des Krankenhauses.
  • Neue diagnostische und therapeutische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bzw. Maßnahmen, die wesentliche Mehrkosten verursachen, können grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Krankenhaus eingeführt werden.
  • Der Dienstvertrag sieht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen ausdrücklich vor, dass diese im Verhinderungsfall vom Stellvertreter übernommen werden.
  • Der betroffene Arzt hat nur eine begrenzte Möglichkeit, den Umfang der wahlärztlichen Leistungen zu bestimmen.
  • Sofern wahlärztliche Leistungen vereinbart werden, beziehen sich diese nicht speziell auf die Leistungen des liquidationsberechtigten Arztes, sondern auf die Leistungen aller an der Behandlung beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses.
  • Der Arzt kann es nicht ablehnen, die mit dem Krankenhaus vereinbarten wahlärztlichen Leistungen zu erbringen.
  • Das Risiko eines Forderungsausfalls, das der liquidationsberechtigte Arzt zu tragen hat, ist zu vernachlässigen, weil die Patienten regelmäßig krankenversichert sind.
  • Das Krankenhaus rechnet über die wahlärztlichen Leistungen direkt mit den Patienten ab und vereinnahmt auch die geschuldeten Beträge.
  • Die dienstvertraglichen Regelungen über die Abführung eines Nutzungsentgelts und einer Einzugsgebühr an das Krankenhaus sowie die Beteiligung der nachgeordneten Ärzte an den Honorareinnahmen bedeuten lediglich eine Einschränkung des Liquidationsrechts.
  • Der Arzt trägt kein Verlustrisiko, denn die Einbehalte sind nur aus den tatsächlich realisierten Honorareinnahmen aufzubringen.

Dagegen sprechen folgende Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit:

  • Die Erbringung der wahlärztlichen Leistung wird nicht gegenüber dem Krankenhaus geschuldet.
  • Der liquidationsberechtigte Arzt vereinbart die zu erbringende wahlärztliche Leistung direkt mit den Patienten und wird hierdurch unmittelbar verpflichtet.
  • Nur der liquidationsberechtigte Arzt haftet für die von ihm vorgenommenen wahlärztlichen Behandlungen.
  • Der liquidationsberechtigte Arzt rechnet direkt mit den Patienten ab und vereinnahmt auch selbst die geschuldeten Beträge.

Nach diesen Abgrenzungsmerkmalen liegen jedenfalls dann Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor, wenn der Vertrag über die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen

  • zwischen dem Krankenhaus und den Patienten geschlossen wird und die Liquidation durch das Krankenhaus erfolgt.
  • zwischen dem Krankenhaus und den Patienten geschlossen wird und die Liquidation durch den Arzt auf ein von ihm geführtes persönliches Konto erfolgt.
  • zwischen dem Arzt und dem Patienten geschlossen wird und die Liquidation – im Namen und für Rechnung des Arztes – durch das Krankenhaus erfolgt.

Der Krankenhausträger hat hier den Lohnsteuerabzug vorzunehmen. Dabei ist es zulässig, als Arbeitslohn nur den Betrag anzusetzen, der dem Chefarzt nach Abzug der gesetzlich oder vertraglich geschuldeten und aus den Bruttoliquidationserlösen zu bestreitenden Zahlungen, u.a. Vorteilsausgleich, Kostenerstattung und Mitarbeiterbeteiligung, verbleibt. Denn der Anspruch des Chefarztes auf die Einnahmen aus dem Liquidationsrecht erstreckt sich nur auf den um die Abzugspositionen geminderten Betrag. Folglich stehen ihm die Einnahmen auch nur in dieser Höhe zur freien Disposition zur Verfügung.

Werden die Zahlungen regelmäßig, z.B. vierteljährlich, geleistet und liegt ihnen der gleiche Abrechnungszeitraum zugrunde, handelt es sich um laufenden Arbeitslohn i.S. von R 115 Abs. 1 LStR. Dass die Zahlungen in der Höhe Schwankungen unterliegen, führt allein noch nicht zu sonstigen Bezügen.

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit liegen nur vor, wenn die Verträge über die wahlärztlichen Leistungen unmittelbar zwischen den Patienten und dem Chefarzt abgeschlossen werden und die Liquidation durch den Chefarzt erfolgt. Soweit Chefärzten neben wahlärz...

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