Klassisch lassen sich die finanziellen Ziele eines Unternehmens in die Bereiche Liquidität, Profitabilität und Risikobeherrschung unterteilen. Diese Zielsetzungen sind miteinander verknüpft und zum Teil widersprüchlich. So geht eine höhere Profitabilität i. d. R. auch mit höherem unternehmerischen Risiko einher. Insofern sind die Teilziele immer wieder neu zu justieren, um eine nachhaltige und den Umständen gerecht werdende Unternehmensentwicklung zu ermöglichen.
Konjunktur bestimmt finanziellen Fokus
Die ökonomischen Bedingungen geben dabei die Prioritäten vor. So stehen in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs profitables Wachstum in einzelnen Geschäften und Portfolio-Veränderungen im Vordergrund. Passend zu den Konjunkturzyklen ändern sich der Aufgabenfokus und die Priorisierung der finanziellen Ziele in Zeiten des Stillstands oder der Schrumpfung. Liquidität gewinnt an Bedeutung, insbesondere wenn in Krisenzeiten nicht nur erheblicher Umsatzrückgang zu beklagen ist, sondern auch die Beschaffung von Liquidität zum Problem wird. Dann gibt es nicht nur eine Rückbesinnung bzw. "Renaissance" der Liquiditätsorientierung, sondern diese wird vielmehr dominant. Spätestens wenn die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens in Gefahr gerät und die Insolvenz droht, gilt die Devise: "Cash is King."
Bevor auf die Möglichkeiten zur Steuerung der Liquidität eingegangen wird, ist es sinnvoll, die Zusammenhänge zwischen den finanziellen Zielen darzustellen. In den letzten Jahren stand die wertorientierte Unternehmensführung bzw. der Shareholder Value im Vordergrund. Unter Berücksichtigung des unternehmerischen Risikos wird dabei ermittelt, welche Mindestverzinsung ein Unternehmen für seine Eigentümer zu erwirtschaften hat und ab wann der Wert des Unternehmens gesteigert wird. Diese Vorstellung hat sich als Leitbegriff moderner Unternehmensführung heute weitgehend durchgesetzt. Aus dem Betrachtungswinkel von Eigentümern eines Unternehmens ist dieses dann erfolgreich, wenn der Unternehmenserfolg die Kosten des eingesetzten Kapitals übertrifft. Eine Wertsteigerung entsteht also, wenn eine risikogerechte Verzinsung des zur Verfügung gestellten Kapitals erwirtschaftet wird. Bei dem Konzept handelt es sich im Kern um die Definition einer risikoadäquaten Mindestprofitabilität, ab der der Unternehmenswert gesteigert werden kann.
Wertorientierung bei Wachstum dominant
Ausreichende finanzielle Ergebnisse sind erforderlich, um das langfristige Überleben des Unternehmens zu gewährleisten. Ausreichende Gewinne sind somit eine notwendige Voraussetzung, um neben den Eigentümerinteressen auch andere Interessen wie die der Mitarbeiter, Kunden, Anleger oder der Gesellschaft zu erfüllen. Wertorientierung ist demnach erforderlich, um langfristig die Existenz des Unternehmens zu sichern. In Zeiten des konjunkturellen Wachstums ist dies der dominierende Maßstab. Kann jedoch in konjunkturellen Schwierigkeiten keine Verzinsung auf die Kapitalkosten erwirtschaftet werden oder werden sogar Verluste eingefahren, dann gewinnt die Basisaufgabe kurzfristigen Überlebens – die Liquiditätssicherung – an Bedeutung.
Abb. 1: Liquiditäts-, gewinn- und wertorientierte Perspektive
Der zentrale Unterschied zwischen der wert-, gewinn- und liquiditätsorientierten Sichtweise liegt in der Berücksichtung der gesamten Kapitalkosten sowie der zahlungswirksamen und nicht zahlungswirksamen Kosten bzw. Aufwendungen. Diese Unterschiede veranschaulicht Abb. 1. Die wesentlichen Unterschiede sind in Abb. 2 vergleichend gegenübergestellt.
Abb. 2:Vergleich der liquiditäts-, gewinn- und wertorientierten Perspektiven