Zur Zugänglichkeit des Beschwerdeverfahrens gehört es, dass Betroffene es in ihrer eigenen Sprache in Anspruch nehmen können. Es reicht nicht aus, das Verfahren auf Deutsch oder Englisch anzubieten;[1] denn es ist nicht davon auszugehen, dass bspw. eine Näherin aus Vietnam oder ein Minenarbeiter aus dem Kongo in der Lage sind, sich auf Deutsch oder Englisch mit dem Beschwerdeverfahren vertraut zu machen und ihre Beschwerde in einer dieser Sprachen einzureichen. Das Verfahren muss in der lokal gesprochenen Sprache angeboten werden (dies gilt auch für die Verfahrensordnung[2]).

Es gibt verschiedene Anbieter internetgestützter Beschwerdeverfahren, die automatische Übersetzungstools wie Google Translate oder DeepL in ihre Plattformen integriert haben, sodass Beschwerdeführer die Beschwerde in ihrer eigenen Sprache eingeben können und diese dann auf Deutsch oder Englisch im Unternehmen ankommt.

Dennoch stellt es Unternehmen häufig vor Probleme, das Verfahren entlang ihrer gesamten Lieferkette in allen lokal gesprochenen Sprachen anzubieten. Dies ist aber auch nicht sofort erforderlich. Die Pflicht zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens gilt, wie alle Pflichten des LkSG, im Rahmen des Angemessenen. Ihr Umfang bestimmt sich also nach den Faktoren, die § 3 Abs. 2 LKSG nennt, also der Art und dem Umfang der Geschäftstätigkeit, dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den unmittelbaren Verursacher, der typischerweise zu erwartenden Schwere von drohenden Verletzungen und nach der Art des Verursachungsbeitrags.

Unternehmen dürfen und sollten also bei der Einrichtung des Beschwerdeverfahrens Prioritäten setzen. Sie müssen das Verfahren nicht sofort flächendeckend entlang der gesamten Lieferkette anbieten, sondern können sich zunächst auf besonders risikobehaftete Zulieferer konzentrieren. Für diese sollten sie dann einen Zugang in den lokal gesprochenen Sprachen ermöglichen. Es ist empfehlenswert, Interessenvertreter von potenziell betroffenen Personen bei der Einrichtung des Beschwerdeverfahrens zu konsultieren, um die Zugänglichkeit zu gewährleisten ("stakeholder dialogue").[3]

[1] Bürger/Müller, in: Depping/Walden, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: LkSG, 1. Aufl. 2022, § 8 Rn 47; differenzierend Gehling/Ott/Lüneborg, CCZ, 2021, 238, 239 – jedenfalls schriftliche Meldungen in allen Landessprachen sollten zugelassen werden.
[2] s. Abschn. 7.
[3] Gläßer/Kühn, in: Henn/Jahn, BeckOK Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, 3. Edition 2023, § 8 Rn 227,

Stemberg, CCZ 2022, 92, 95.

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