Vom LkSG zur CSDDD: Der Nutzen von Synergien und Erfahrung

Wer bereits die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) erfüllt, kann diese Strukturen nutzen, um die erweiterten Pflichten der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) effizienter umzusetzen. Wie das funktioniert und was das Unternehmen bringt, erklärt Robert Kammerer im folgenden Artikel.

Im Mai 2024 hat der europäische Rat die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) verabschiedet und damit den Grundstein für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gelegt. Hierzulande wird das innerhalb der nächsten zwei Jahre über eine richtlinienkonforme Anpassung des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) geschehen. Der Anwendungsbereich für das angepasste Lieferkettengesetz wird dann stufenweise bis 2029 auf schließlich alle Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 450 Mio. Euro ausgeweitet. Dabei gilt die Vorschrift für inländische Unternehmen wie auch Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, wenn solche Umsätze von mehr als 450 Mio. Euro innerhalb der EU generieren. 

Nachdem sich mit dem Inkrafttreten des hiesigen LkSG im Januar 2023 bereits viele Unternehmen auf mehr Transparenz eingestellt haben, gilt es jetzt noch einmal weiter zu denken. Trotz vieler Gemeinsamkeiten gibt es nämlich auch Punkte, in denen die CSDDD vom LkSG abweicht. Dennoch bieten sich viele Möglichkeiten, bereits etablierte Strukturen und Prozesse auch für die Umsetzung der europäischen Lieferkettenrichtlinie zu nutzen.

Risikomanagement und Datenerfassung ausbauen

Ein naheliegender Bereich, um bei der Umsetzung der CSDDD auf vorhandene Strukturen aufzusetzen, ist das Risikomanagement. Viele Unternehmen mussten bereits im Zuge des LkSG prüfen, ob menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken oder gar Verletzungen in der Lieferkette vorliegen bzw. aufgetreten sind. Wer mit diesem Schritt eigene Tools und Analyseprozesse implementiert hat, kann diese gleichermaßen für die im Rahmen der CSDDD geforderte Risikoanalyse nutzen. Unternehmen profitieren davon, wenn sie auf der gesammelten Erfahrung aufbauen und erfolgreiche Prozesse gegebenenfalls erweitern können.

Ähnliche Effekte gibt es im Reporting, das aufgrund der Anforderungen der CSDDD nicht nur die Maßnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten abdeckt, sondern auch die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens und deren Implementierung umfasst. Unternehmen, die von der CSDDD betroffen sind, müssen also auch detailliert über ihre langfristigen Nachhaltigkeitsziele, die Strategien zur Erreichung dieser Ziele sowie die konkreten Fortschritte und Herausforderungen bei der Umsetzung berichten. 

In den Inhalten der CSDDD – wie übrigens auch in den Berichtsanforderungen zum deutschen LkSG – gibt es teils große Überschneidungen zu den Maßnahmen und aktuellen Informationen, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung der CSRD erhoben und berichtet werden müssen. Hier liegt es nahe, die Überschneidungen zu den wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen eines Unternehmens frühzeitig zu identifizieren und die relevanten Risiken, Daten und KPIs einmalig für die einzelnen Anforderungen zu erheben.

Diese Synergien treffen auch auf Unternehmen zu, die bereits unter dem LkSG jährliche Berichte erstellen. Die Berichte, die gemäß LkSG erstellt werden, enthalten nämlich bereits detaillierte Informationen zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken sowie den Maßnahmen zu deren Minimierung. Diese Informationen sollten Unternehmen unbedingt als Grundlage nutzen, um die zukünftigen erweiterten und tieferen Berichterstattungsanforderungen der CSDDD zu erfüllen. Das gelingt etwa, indem sie ihre Datenerfassungssysteme erweitern, um zusätzliche Datenpunkte zu erfassen, die für die CSDDD relevant sind.

Kommunikationskanäle ausbauen, neue Interessengruppen einbeziehen

Das LkSG verlangt, dass Unternehmen einen Beschwerdemechanismus einrichten, der es betroffenen Personen ermöglicht, Missstände in der Lieferkette zu melden. Die CSDDD erweitert die Anforderungen an das Beschwerdeverfahren, indem sie ausdrücklich eine umfassende Einbindung aller Stakeholder in die Ausgestaltung des Beschwerdeprozesses fordert. Dieses Kriterium, das im Rahmen des LkSG schwerpunktmäßig im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung betrachtet wird, bedeutet, dass nicht nur direkte Mitarbeitende und Lieferanten, sondern auch andere betroffene Gruppen wie die lokale Bevölkerung vor Ort oder NGOs bei der Ausgestaltung aktiv einzubeziehen sind. 

Betroffene Unternehmen können also auch hier auf ihrem etablierten Beschwerdemechanismus aufsetzen, der anhand der relevanten Stakeholdergruppen zur Prüfung gestellt und gegebenenfalls nachgeschärft werden sollte. In Folge ist es denkbar, dass zum Beispiel zusätzliche Kommunikationskanäle entstehen, um identifizierte neue Stakeholdergruppen effektiv in den Prozess miteinzubeziehen.

Neben zugänglichen Meldewegen für Vorfälle ist es laut CSDDD auch notwendig, Abhilfemaßnahmen zu etablieren, um bestehende Verstöße zu beheben und zukünftige Vorfälle zu vermeiden. Weil das auch im LkSG vorgesehen ist, haben schon jetzt viele Unternehmen individuelle Präventions- und Abhilfemaßnahmen definiert und damit Ansätze zur Beseitigung von Menschenrechts- und Umweltverstößen aufgebaut. Diese Systeme beinhalten oft standardisierte Prozesse zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmenplänen sowie die Überwachung der Wirksamkeit der Maßnahmen. 

Hat ein Unternehmen etwa im Rahmen des LkSG präventive Schulungsprogramme für seine Lieferanten entwickelt, um Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, so kann es diese Programme zur Einhaltung der CSDDD-Anforderungen ebenfalls nutzen und auf weitere Lieferanten ausweiten.

Kontrollgremien und Auditprozesse optimieren

Kontrollsysteme und Governance-Strukturen sind der Kern einer ganzheitlichen Lieferketten-Compliance und daher ein wichtiger Bestandteil sowohl des LkSG als auch der CSDDD. Auch hier können Unternehmen bestehende Systeme in bestimmten Fällen für die Überwachung der erweiterten CSDDD-Pflichten übernehmen und weiterentwickeln. Sie können beispielsweise die Verantwortlichkeiten der internen Kontrollgremien ausweiten, die bisher primär auf die Überwachung menschenrechtlicher Risiken fokussiert waren, um den umfassenden Katalog an Umweltaspekten zu berücksichtigen. 

Unternehmen profitieren von weiteren Synergien, wenn sie Audits und Überprüfungen, die bereits im Rahmen der Umsetzung des LkSG durchgeführt werden, nachschärfen. Dafür bietet es sich unter anderem an, Auditprotokolle anzupassen und sicherzustellen, dass die Prüfungen umfassender und detaillierter erfolgen, um sowohl soziale als auch ökologische Risiken abzudecken.

Der Blick in die Praxis zeigt, dass es zahlreiche Ansätze gibt, um Synergiepotenziale zu auszuschöpfen und die erweiterten Pflichten der CSDDD effizient mit bestehenden Prozessen und Strukturen abzubilden. Auf diese Weise haben Unternehmen, die auf das LkSG eingestellt sind, viele der Anforderungen bereits operativ umgesetzt und sie können sich am europäischen Markt als Vorreiter positionieren. 

In Zukunft werden sich viele Unternehmen durch die erweiterten Sorgfaltspflichten die potenziellen Lieferkettenrisiken ihrer Partner und Zulieferer sehr genau anschauen. Und nun gilt es, etwaige Unterschiede in den Berichtsanforderungen des LkSG, der CSRD und der CSDDD aufzulösen, um eine einheitliche Nutzung der Daten zu ermöglichen und den administrativen Aufwand zu minimieren.

Robert Kammerer ist Partner im Bereich Nachhaltigkeitsberatung bei PwC Deutschland am Standort München. Seit über 20 Jahren gestaltet und optimiert er Geschäftsprozesse mit Blick auf gesetzliche und regulatorische Anforderungen. Neben dem Aufbau und Management von globalen Rollout-Programmen zu ESG-Anforderungen leitet er Umsetzungsprojekte zum LkSG und der CSRD. Aktuell etabliert und optimiert er Nachhaltigkeitsstrategien von Unternehmen mit einem Fokus auf den Mittelstand.


Schlagworte zum Thema:  Lieferkette, EU-Recht