Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Redaktion
2.1 Was genau bedeutet "Lieferkette"?
Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen bei der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zu der Lieferung an den Endkunden, und erfasst
- das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
- das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers und
- das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.
Dazu gehört auch die Inanspruchnahme von notwendigen Dienstleistungen, wie z. B. der Transport oder die Zwischenlagerung von Waren.
2.2 Ist ein (Dritt-)Unternehmen, zu dem das verpflichtete Unternehmen keine unmittelbare vertragliche Beziehung hat, welches aber (faktisch) das verpflichtete Unternehmen unmittelbar beliefert, unmittelbarer Zulieferer des verpflichteten Unternehmens?
Nein, mangels unmittelbarer vertraglicher Beziehung zum verpflichteten Unternehmen ist das Drittunternehmen nicht unmittelbarer Zulieferer. Die Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern erfolgt einzig nach dem Vorliegen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung (dann unmittelbarer Zulieferer). Erbringen Unternehmen ihre Leistung in einer Leistungskette nach dem Willen der Beteiligten nicht entlang der vertraglichen Beziehungen, sondern als Direktlieferung an ein anderes Unternehmen, verändert dies nicht die Einordnung der Unternehmen als mittelbare bzw. unmittelbare Zulieferer. Dabei findet bei einer missbräuchlichen Gestaltung der unmittelbaren Zuliefererbeziehung oder einem Umgehungsgeschäft § 5 Abs. 1 S. 2 LkSG Anwendung.
2.3 Gilt das Gesetz entlang der gesamten Lieferkette?
Ja, neben dem eigenen Geschäftsbereich müssen auch Geschäftsbeziehungen und Produktionsweisen der unmittelbaren Zulieferer in den Blick genommen werden. Liegen einem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erscheinen lassen, so hat es anlassbezogen auch dort tätig zu werden.
Dabei gilt das Prinzip der Angemessenheit: Von Unternehmen wird nur verlangt, was ihnen angesichts ihres individuellen Kontextes - etwa ihrer Größe, der Art ihrer Geschäftstätigkeit oder ihrer Nähe zum Zulieferer - möglich ist. Es wird von Unternehmen nicht verlangt, alle identifizierten menschenrechtlichen Herausforderungen gleichzeitig anzugehen, sondern dass sie sich zunächst auf die wesentlichen Risiken konzentrieren. Sollte es trotz aller (angemessenen) Bemühungen doch zu einer Menschenrechtsverletzung in der Lieferkette kommen, kann das Unternehmen nicht belangt werd
2.4 Die Lieferkette erfasst alle Handlungen, die "erforderlich" zur Herstellung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen sind. Wie ist der Begriff "erforderlich" in diesem Zusammenhang zu verstehen?
Der Begriff "erforderlich" ist weit aufzufassen. Erfasst wird z. B. auch der Bürobedarf eines Industrieunternehmens. Diese weite Definition ist zu unterscheiden von der Frage, welche Lieferketten und Risiken ein Unternehmen im Rahmen seines Risikomanagements zuerst angehen muss. Hier geht es darum, Risiken zu bewerten, zu priorisieren und ihnen angemessen zu begegnen. Ein wesentlicher Aspekt bei der Priorisierung ist dabei auch die Einflussmöglichkeit eines Unternehmens (vgl. § 3 Abs. 2 LkSG). Nicht prioritäre Risiken können zurückgestellt werden.
2.5 Fallen unter den Begriff des Zulieferers auch Subunternehmer, die im Rahmen einer "Dienstleistungskette" Dienstleistungen (z. B. Reinigungsleistungen) für das in den Anwendungsbereich des LkSG fallende Unternehmen erbringen? Sind alle Beschaffungskategorien – wie die Gebäudereinigung, der Kantinenbetrieb und das Büromaterial – Teil der Lieferkette?
Ja, der Begriff "Lieferkette" ist weit definiert. Risiken bei den für Hilfsschritte (z. B. Gebäudereinigung oder Kantinenbetrieb) zuständigen Zulieferern können aber häufig ganz vernachlässigt oder mit geringen Bemühungen bearbeitet werden, entweder weil ein Verursachungsbeitrag (vgl. § 4 Abs. 2 LkSG) fehlt, oder weil der Verursachungsbeitrag gering ist (vgl. § 5 Abs. 2 LkSG).