Dr. Daniel Walden, Dr. André Depping
§ 6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG sieht vor, dass das Unternehmen seinen unmittelbaren Zulieferer bei Vertragsschluss verpflichtet, die von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Vorgaben im eigenen Geschäftsbereich einzuhalten und gegenüber seinen Zulieferern angemessen zu adressieren. Es handelt sich um unterschiedliche Pflichten, die dem unmittelbaren Zulieferer aufzuerlegen sind, was auch durch die Formulierung der Vertragsklauseln klar zum Ausdruck kommen sollte.
Während die Verpflichtung des Zulieferers zur Einhaltung der entsprechenden Verbote für den eigenen Bereich noch überschaubaren Rechtsproblemen ausgesetzt ist, begegnet die Pflicht zur Adressierung entlang der Lieferkette komplexeren Rechtsfragen und praktischen Herausforderungen.
Die angemessene Adressierung menschenrechtsbezogener Erwartungen in der weiteren Lieferkette wird im Wesentlichen durch sog. Weitergabeklauseln erfüllt, mit denen der Zulieferer angehalten wird, den Lieferantenkodex auch gegenüber seinen eigenen Vertragspartnern durch geeignete vertragliche Regelungen durchzusetzen und auch diese wiederum zur Weitergabe anzuhalten.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, seine Lieferanten zur Weitergabe der Sorgfaltspflichten anzuhalten.
In der Praxis finden sich bislang sowohl AGB-Klauseln, die die Lieferanten verpflichten, ihre Vorlieferanten ebenfalls auf die vereinbarten Menschenrechte zu verpflichten, als auch solche, die ihnen lediglich die Pflicht auferlegen, sich bestmöglich um eine solche Weitergabe zu bemühen ("best efforts"). Mit beiden Klauseltypen würde ein Unternehmen seine Sorgfaltspflicht, unmittelbare Zulieferer zu einer angemessenen Adressierung der Erwartungen entlang der Lieferkette zu verpflichten, erfüllen. Die Bemühensklausel ist dabei nach deutschem Recht auch ohne weiteres wirksam.
Soll sich dagegen der Zulieferer nach dem Wortlaut der AGB-Klausel dazu verpflichten, dass auch die Vorlieferanten sämtliche menschenrechtlichen Vorgaben des LkSG einhalten oder eine verbindliche Verpflichtung zur Weitergabe der Vorgaben eingehen, könnte diese Klausel als unangemessene Benachteiligung des Zulieferers gemäß § 307 Abs. 2 S. 1 BGB zu werten sein. Je nach regionalen und Branchenverhältnissen schränken solche Pflichten zur Weitergabe der Verhaltensanforderungen die Einkaufsmöglichkeiten des Zulieferers empfindlich ein. Wenn das Unternehmen in einem Bereich eine marktbeherrschende Stellung hat, können verbindliche Weitergabepflichten innerhalb der Lieferkette zudem gegen Wettbewerbsrecht verstoßen und sollten daher auch unter diesem Aspekt sorgfältig geprüft werden.
Eine in AGB vereinbarte Einstandspflicht des Zulieferers für Verstöße seines Vorlieferanten gegen einen Verhaltenskodex ist allerdings in jedem Fall nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da der Vorlieferant bzw. Hersteller kein Erfüllungsgehilfe des Lieferanten nach § 278 BGB ist und die Regelung damit elementaren Grundsätzen des Kaufrechts widerspricht; ebenso für den Fall einer Garantie.
Ebenso unwirksam ist eine AGB-Klausel, mit der das Unternehmen den Zulieferer verpflichtet, die gesamten durch das LkSG vorgegebenen Sorgfaltspflichten auch in seiner Lieferkette einzuhalten, da dies der gesetzgeberischen Entscheidung widerspricht, Unternehmen erst ab einer gewissen Größe mit der aufwendigen Erfüllung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette zu belasten.
Individualvertraglich können dagegen Pflichten zur Weitergabe von Verhaltenspflichten durchaus wirksam vereinbart werden, insbesondere wenn lediglich auf bestimmte einzelne Verhaltensanforderungen Bezug genommen wird, die sich in der Risikoanalyse als relevant erwiesen haben oder solche, die von den Vorlieferanten des Zulieferers schon nach dem für sie geltenden nationalen Recht einzuhalten wären. Einen (unzulässigen) Vertrag zulasten Dritter bewirken solche Weitergabepflichten nicht, da der Vorlieferant nicht unmittelbar belastet bzw. verpflichtet wird.
Rohstoffe sollten nur von geprüften bzw. zertifizierten Lieferanten bezogen werden dürfen
Über Weitergabeklauseln hinaus gibt es für Unternehmen auch andere Möglichkeiten, ihrer präventiven Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die weitere Lieferkette gerecht zu werden. Nicht selten wird eine Risikoanalyse nämlich ergeben, dass die eigentlichen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken am Anfang der Lieferkette bei der Rohstoffgewinnung liegen. In diesen Fällen können Unternehmen vertraglich festschreiben, dass der Zulieferer bestimmte Produkte nur von geprüften Lieferanten beziehen darf oder nachweisen muss, dass bestimmte Produkte aus zertifizierten Regionen oder Rohstoffe aus zertifizierten Schmelzen kommen.