Prof. Dr. Wanja Wellbrock
2.1 Einordnung unmittelbare und mittelbare Zulieferer
Unmittelbare und mittelbare Zulieferer des verpflichteten Unternehmens werden unterschiedlich behandelt. Laut § 2 Abs. 5 LkSG bezieht sich die Lieferkette auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu der Lieferung an den Endkunden. Folgende Bereiche sind somit grundlegend vom LkSG betroffen:
- Der eigene Geschäftsbereich,
- unmittelbare Zulieferer und
- mittelbare Zulieferer.
Der eigene Geschäftsbereich beschreibt die Tätigkeit des Unternehmens selbst im In- und Ausland.
Unter unmittelbaren Zulieferern werden laut LkSG alle Partner eines Vertrages über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen verstanden, deren Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind.
Mittelbare Zulieferer betreffen hingegen die weiter vorgelagerten Ebenen der Lieferkette, sodass hier keine direkte Vertragsbeziehung zum eigenen Unternehmen besteht und die Steuerung des Zulieferers primär einem anderen nachgelagerten – gegebenenfalls für das eigene Unternehmen unmittelbaren – Zulieferer unterliegt. Laut LkSG betrifft dies jeden Zulieferer, der kein unmittelbarer Zulieferer ist und dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind.
Bei unmittelbaren Zulieferern handelt es sich somit um Zulieferer, mit denen direkte Verträge abgeschlossen sind und somit eine höhere Durchschlagskraft bzgl. der Durchsetzung der Lieferkettensorgfaltspflichten zu erwarten ist als bei weiter vorgelagerten mittelbaren Zulieferern. Dieses zugrundeliegende Verständnis führt zu einer unterschiedlichen Betrachtung beider Zulieferergruppen im LkSG.
Bei der Unterscheidung in mittelbare und unmittelbare Zulieferer ist abschließend noch der Punkt "Umgehungsgeschäfte" zu beachten. § 5 Abs. 1 Satz 2 LkSG beinhaltet diesbezüglich folgende Ergänzung: "In Fällen, in denen ein Unternehmen eine missbräuchliche Gestaltung der unmittelbaren Zuliefererbeziehung oder ein Umgehungsgeschäft vorgenommen hat, um die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten in Hinblick auf den unmittelbaren Zulieferer zu umgehen, gilt ein mittelbarer Zulieferer als unmittelbarer Zulieferer".
2.2 Verpflichtungen bei unmittelbaren Zulieferern
Bei unmittelbaren Zulieferern sind menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken mit allen Vorgaben an Sorgfaltspflichten, die das eigene Unternehmen hat, zu überprüfen. Die Pflichten beim unmittelbaren Zulieferer sind somit ebenfalls auf § 3 LkSG zurückzuführen und umfassen folgende Punkte:
- Risikoanalyse – Die Risikoanalyse ist einmal im Jahr sowie anlassbezogen durchzuführen
- Präventionsmaßnahmen – Angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbaren Zulieferern
- Abhilfemaßnahmen – Gemeinsame Erarbeitung und Umsetzung eines Plans zur Beendigung oder Minimierung der Verletzung
- Beschwerdeverfahren – Einrichtung eines angemessenen Beschwerdeverfahrens
Gerade eine sinnvolle Risikoanalyse, angemessene Präventionsmaßnahmen, effektive Abhilfemaßnahmen und ein sinnvolles Beschwerdeverfahren sind nur durch eine direkte Kooperation mit den unmittelbaren Zulieferern umsetzbar, sodass sich hieraus explizite Pflichten auf der Zuliefererseite ergeben können.
Die weiteren in § 3 LkSG aufgeführten Sorgfaltspflichten (Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten, Festlegen der Zuständigkeit im Unternehmen für das Risikomanagement, Abgabe einer Grundsatzerklärung über die Menschenrechtsstrategie und fortlaufende Dokumentation, für mindestens 7 Jahre aufzubewahren und jährliche Berichterstattung) liegen hingegen mehrheitlich in der Verantwortung des verpflichteten Unternehmens.
2.3 Verpflichtungen bei mittelbaren Zulieferern
Bezüglich mittelbarer Zulieferer sind die geforderten Maßnahmen der laut LkSG verpflichteten Unternehmen etwas abgemildert. § 9 Abs. 1 des LkSG hebt diesbezüglich hervor, dass die verpflichteten Unternehmen ihr unternehmensinternes Beschwerdeverfahren nach § 8 LkSG so einrichten müssen, dass es Personen auch ermöglicht, auf menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken sowie auf Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten hinzuweisen, die durch das wirtschaftliche Handeln eines mittelbaren Zulieferers entstanden sind.
Weitere Verpflichtungen gegenüber mittelbaren Zulieferern sind von einem besonderen Anlass abhängig. Liegen einem verpflichteten Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die eine Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erscheinen l...