Prof. Dr. Wanja Wellbrock
Der Grad der Auswirkungen des Gesetzes auf Zulieferer von verpflichteten Unternehmen variiert stark.
3.1 Kundenstruktur
Zum einen ist die Kundenstruktur des Zulieferers relevant:
- Wie viele seiner direkten und indirekten Kunden unterliegen dem LkSG?
- Welchen Prozentsatz des Gesamtumsatzes des Zulieferers machen die Lieferungen an LkSG-verpflichtete Kunden aus?
3.2 Anforderungen verpflichteter Kunden
Zum anderen ist entscheidend, welche Anforderungen verpflichtete Kunden laut Gesetz an die Zulieferer stellen müssen. Dies hängt wiederum hauptsächlich von drei Faktoren ab:
- Wie riskant betrachtet der Gesetzgeber die Lieferkette des verpflichteten Unternehmens in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen und damit verbundene Umweltrisiken?
- Welche Art von Einflussmöglichkeiten vermutet der Gesetzgeber beim verpflichteten Unternehmen in Bezug auf seine Zulieferer?
- Wie wichtig sind öffentliche Ausschreibungen für die verpflichteten Unternehmen? Gemäß § 22 LkSG ist für Unternehmen bei bestimmten Gesetzesverstößen ein Ausschluss von bis zu 3 Jahren von öffentlichen Ausschreibungen möglich.
3.3 Länderspezifische, branchenspezifische und warengruppenspezifische Risiken
Der Gesetzgeber identifiziert dabei 3 Arten von Risiken, die die Anfälligkeit für das LkSG bestimmen:
- länderspezifische,
- branchenspezifische und
- warengruppenspezifische Risiken.
Insbesondere konzentriert sich das Gesetz auf länderspezifische Risiken. Unternehmen, die Waren aus dem außereuropäischen Ausland importieren, gelten als "sehr stark betroffen". Diese Einschätzung des Gesetzgebers gilt auch für ausländische Lieferanten, beispielsweise, wenn eine ausländische Tochtergesellschaft eines Unternehmens den Kunden beliefert. Unternehmen, die Waren, aus dem europäischen, aber nicht aus dem außereuropäischen Ausland importieren, werden ebenfalls als "stark betroffen" angesehen.
Der Gesetzgeber geht zudem davon aus, dass es eine kleine Gruppe von Branchen gibt, in denen die menschenrechtlichen Risiken geringer sind, da die Wertschöpfung hauptsächlich in Deutschland stattfindet. Zu diesen Branchen gehören Bergbau und Mineralien, Entsorgung, Forstwirtschaft, Immobilien und Wasserversorgung. Unternehmen aus den Branchen Bauwesen, Landwirtschaft und Fischerei, Personal-, Reinigungs- und Sicherheitsdienstleistungen sowie Transport und Logistik haben ebenfalls eine geringere internationale Verflechtung, aber höhere menschenrechtliche Risiken. Nach Ansicht des Gesetzgebers bestehen diese Risiken hauptsächlich in Deutschland und weniger im Ausland. Zulieferer können somit anhand der Branchenzugehörigkeit ihres Kundenunternehmens bereits abschätzen, ob und wenn, wie stark sie vom Gesetz betroffen sein werden.
Internationalität des verpflichteten Kunden ist ein Indikator für die Betroffenheit
Je internationaler das Kundenunternehmen aufgestellt ist, desto stärker werden Zulieferer tendenziell betroffen sein.
3.4 Unmittelbarer oder mittelbarer Zulieferer
Bezüglich der Art von Einflussmöglichkeiten unterscheidet das Gesetz wie zuvor beschrieben zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern. Unmittelbare Zulieferer werden deutlich stärker betroffen sein, weil der Gesetzgeber von einer deutlich größeren Möglichkeit zur Einflussnahme durch den Kunden ausgeht.
Als bedeutende mittelbare Zulieferer betrachtet der Gesetzgeber vor allem "strategisch relevante Zwischenhändler und Zulieferer". Der entsprechende Umgang mit mittelbaren Zulieferern wird in § 9 LkSG definiert und bedarf wie bereits erklärt primär einer substantiierten Kenntnis als Anlassbezug.