Leitsatz
Der Gewinn aus Losen, die Vertriebsmitarbeiter für die Erzielung bestimmter Umsätze erhalten, ist betrieblich veranlasst.
Normenkette
§ 8 Abs. 1, § 4 Abs. 4 EStG, § 7 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin war selbstständige Handelsvertreterin für Produkte eines Kosmetikherstellers. Dieser verloste ein Einfamilienhaus. Teilnahmeberechtigt an dem Wettbewerb waren alle selbstständig tätigen Vertriebsmitarbeiter. Die Höchstzahl der Lose war begrenzt auf acht Stück je Teilnehmer. Jeweils ein Los erhielt, wer in den beiden Monaten Januar und Februar Umsätze i.H.v. jeweils 250 DM erzielte. Das Kosmetikunternehmen garantierte jedem Teilnehmer einen Gewinn. Die Klägerin gewann das als Hauptgewinn ausgelobte "Traumhaus" im Wert von 500 000 DM.
Das FA war der Auffassung, dass die Auszahlungen des Gewinns als betriebliche Einnahmen zu erfassen seien, da der Losgewinn durch den Gewerbebetrieb veranlasst sei. Einspruch und Klage (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.02.2007, 15 K 349/04, Haufe-Index 1781108, EFG 2007, 1462) hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin war ebenfalls erfolglos. Der BFH bestätigte die finanzgerichtliche Auffassung, der Losgewinn sei betrieblich veranlasst gewesen und habe zu Einkünften aus Gewerbebetrieb geführt.
Hinweis
1. Betriebliche Verlosungen sind keine Seltenheit. Während die steuerliche Behandlung von Losgewinnen bei Arbeitnehmern seit dem Urteil vom 25.11.1993, VI R 45/93, Haufe-Index 64599 geklärt ist, mit dem Ergebnis, dass der verloste Sachpreis – und nicht das Los selbst – dem Arbeitnehmer als Arbeitslohn zufließt, verwundert es, dass erst jetzt die Frage der ertragsteuerlichen Behandlung eines Losgewinns eines Nichtarbeitnehmers höchstrichterlich zu entscheiden war.
2. Für einen gewerblich tätigen Steuerpflichtigen, der bei der Verlosung eines Geschäftspartners ein Los erhält, das gewinnt, stellt sich ebenfalls die Frage, ob er das Los bzw. den Losgewinn als Betriebseinnahme zu behandeln hat. Der Wertzuwachs ist dann betrieblich veranlasst, wenn ein nicht nur äußerlicher, sondern sachlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Von den Betriebseinnahmen zu unterscheiden sind die Wertzugänge, deren Zufluss durch private Umstände veranlasst worden ist. Als betrieblich veranlasst sind nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der maßgeblichen Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde noch dass der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf die Einnahme hat.
3. Der BFH bejaht in diesem Urteil den betrieblichen Zusammenhang des Losgewinns, weil nur die selbstständig tätigen Vertriebsmitarbeiter teilnahmeberechtigt waren und der Bezug der Lose von einem zu erreichenden Umsatz abhängig war. Damit stellt sich die Zuwendung der Lose als Zusatzleistung für bestimmte Umsätze dar und damit als betriebsbedingte, wenn auch von einem Losverfahren abhängige bzw. in ein Losverfahren eingebundene Prämie. Das gilt auch für den damit ggf. erzielten Gewinn.
4. Dass die Verlosung auch im Eigeninteresse des veranstaltenden Unternehmens stattfand, steht der betrieblichen Veranlassung der Zuwendung nicht entgegen.
5. Der betriebliche Zusammenhang wird auch nicht durch den Umstand, dass diese Zusatzleistung von einem Zufallsmoment abhängt, beseitigt, da durch die Realisierung des Losgewinns keine neue Ursachenkette in Gang gesetzt wird. Dass die Höhe von Einnahmen von nachfolgenden Ereignissen beeinflusst wird, ist nicht ungewöhnlich, wie das Beispiel des Erwerbs eines nicht handelbaren Optionsrechts durch einen Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zeigt, bei dem ein geldwerter Vorteil erst dann zufließt, wenn der Arbeitnehmer die Option ausübt und der Kurswert der Aktien den Übernahmepreis übersteigt.
6. Der BFH konnte es offen lassen, ob zwischen dem Erwerb des Loses und dem Losgewinn zu unterscheiden ist. Sowohl der Losgewinn als auch die (aufschiebend bedingte) Gewinnchance (das Los) sind im betrieblichen Bereich erwirtschaftet; erst die Verwirklichung dieser Chance führt zu einer Betriebseinnahme.
7. Eine Entnahme der Gewinnchance vor der Auslosung wäre nicht möglich. Die Realisierung von Erträgen, deren Entstehung im betrieblichen Bereich angelegt ist, kann nicht z.B. durch Entnahme oder durch unentgeltliche Übertragung auf nahe Angehörige in den privaten Bereich verlagert werden. Dies entspricht der Rechtsprechung für die Entnahme von dem Grund und der Höhe nach ungewissen Forderungen (vgl. BFH, Urteil vom 10.04.1994, IV R 37/92, Haufe-Index 65014).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 02.09.2008 – X R 25/07